Könnte man ( bei solch schwierigen Kandidaten) nicht den Hersteller fragen?
Das wäre in diesem speziellen Fall Nathan Tardif. Ich habe ihn schon bei zwei speziellen Tinten gerfragt und habe als freundliche Antwort bekommen: Danke, aber nein danke...
Mark
Man muss die Steine, über die man schreibt, angefasst haben! Hildegard Maria Rauchfuß
Anbei ein paar Streifenchromatogramme (mit Wasser) einiger Eisengallustinten.
Die MB blau-schwarz ist die alte Variante (eine Flasche aus den 1990ern), allerdings hat sie bereits deutliche Ablagerungen am Flaschenboden und ist wohl bereits „gekippt“.
Die Aufnahmen sind bei Tageslicht und relativ kurz nach den Chromatogrammen gemacht (ca. 30-40min).
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Die MB blau-schwarz ist die alte Variante (eine Flasche aus den 1990ern), allerdings hat sie bereits deutliche Ablagerungen am Flaschenboden und ist wohl bereits „gekippt“.
Zum Vergleich zwei Chromatogramme der gleichen Tinte:
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Das Chromatogramm rechts zeigt mMn eine hohe Übereinstimmung mit Deinem Chromatogramm der Montblanc Blau-Schwarz / Blue-Black. Bei meiner Tinte konnte ich keine Auffälligkeiten feststellen. Aber selbst, wenn bei Dir ein Teil schon vorher ausgefallen ist, lassen sich Komplex und der blaue Hilfsfarbstoff noch deutlich erkennen.
Beim Chromatogramm links habe ich mal eine überdurchschnittlich hohe Tintenmenge aufgebracht, mit der Idee, dass ein Teil der Tinte vor der Oxidation transportiert wird. Und tatsächlich finden sich Spuren des Eisengallatkomplexes nicht nur am Startpunkt, sondern auch weiter außen.
Danke, das sieht tatsächlich sehr interessant aus!
Ich habe jetzt, einige Tage später, noch ein Foto gemacht, nachdem das Eisen gut oxidieren konnte. Das Licht ist diesmal Kunstlicht, aber man den Unterschied trotzdem erkennen, denke ich.
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Ich habe jetzt, einige Tage später, noch ein Foto gemacht, nachdem das Eisen gut oxidieren konnte. Das Licht ist diesmal Kunstlicht, aber man den Unterschied trotzdem erkennen, denke ich.
Definitiv. Auf meinem Bildschirm sieht es so aus, dass der größte Unterschied bei den beiden KWZ Tinten vorliegt.
Vielleicht könnte man die Unterschiede als Hinweis auf den jeweiligen Eisengallusanteil betrachten.
Jedenfalls danke für diesen sehr interessanten Vergleich.
... Vielleicht könnte man die Unterschiede als Hinweis auf den jeweiligen Eisengallusanteil betrachten. ...
Dazu braucht man nur mal zu wässern, dann sieht man, was wasserfest übrig bleibt. Für eine unterschiedliche EG-Bildungsgeschwindigkeit auf demselben Papier kann es wieder mehrere Gründe geben. Bei den alten Rezepturen mit Wein bildet sich z.B. ein Eisen-Tartrat-Komplex und der dann erfolgende Ligandenaustausch verlangsamt die EG-Bildung in den Schriftzügen deutlich.
... Vielleicht könnte man die Unterschiede als Hinweis auf den jeweiligen Eisengallusanteil betrachten. ...
Dazu braucht man nur mal zu wässern, dann sieht man, was wasserfest übrig bleibt.
Deshalb eignet sich die Chromatographie für unterschiedliche Fragestellungen zum Thema Eisengallus.
Neben dem Vergleich von mrfox (s. oben) hatten wir hier im letzten Jahr einen etwas anderen Ansatz, und zwar der Vergleich zweier Salix-Proben, die eine direkt nach dem Auftrag chromatographiert und die zweite einige Tage später:
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Um den grauschwarzen Komplex im ersten Chromatogramm besser erkennen zu können, eine vergrößerte Aufnahme:
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Das erste Chromatogramm zeigt neben der Wanderung des blauen Farbstoffes auch die des Eisen-II-Kations, welches dann unterwegs zum Eisen-III-Kation oxidiert wurde und somit zum grauschwarzen wasserunlöslichen Gallatkomplex.
Aus dem zweiten Chromatogramm leitet sich u.a. die Frage ab, warum nur noch ein Bruchteil des blauen Farbstoffes zu sehen ist.
[...] Das erste Chromatogramm zeigt neben der Wanderung des blauen Farbstoffes auch die des Eisen-II-Kations, welches dann unterwegs zum Eisen-III-Kation oxidiert wurde und somit zum grauschwarzen wasserunlöslichen Gallatkomplex.
Diese Vorstellung ist zu einfach. Die beiden Komponenten liegen nicht einzeln vor und "finden" sich auf dem Papier. Vielmehr sind die Eisenionen bereits bei der Herstellung des Farbstoffs in einem Gallat-Komplex gebunden. Im Verlaufe einer Redox-Reaktion wird daraus dann durch geeignete Oxidationsmittel (u. a. Luftsauerstoff, aber auch Wegfall des Puffers beim Trocknen) der Farbstoff, den wir als dunklen Rückstand auf dem Papier kennen.
Erst in den 90ger Jahren wurde eine Strukturaufklärung mit modernen Verfahren am Eisengallat-Komplex unternommen. Die Bildung aus Gallussäure und Eisen-(II)-Ionen selbst ist erst in den 2000er Jahren angefasst worden - allerdings nicht im Zusammenhang mit Tinte. Freie Übergangsmetall-Ionen wurden da jedenfalls nicht nachgewiesen.
Aus dem zweiten Chromatogramm leitet sich u.a. die Frage ab, warum nur noch ein Bruchteil des blauen Farbstoffes zu sehen ist.
Ich glaube nicht, dass moderne EGT mit nur einem Farbstoff auskommen. Es gibt eine ganze Reihe von Farbstoffen, die nach dem Trocknen nicht mehr wasserlöslich sind. Ich denke, so einer ist dieser Tinte beigemischt und ergibt das blau-schwarze Bild des Tintenflecks.
Ich glaube nicht, dass moderne EGT mit nur einem Farbstoff auskommen. Es gibt eine ganze Reihe von Farbstoffen, die nach dem Trocknen nicht mehr wasserlöslich sind. Ich denke, so einer ist dieser Tinte beigemischt und ergibt das blau-schwarze Bild des Tintenflecks.
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Dann bleiben wir doch bei der Salix und setzen ein anderes Laufmittel ein, und zwar ein Ethanol-Wasser-Gemisch (2:3).
Schaut für mich nach zwei blauen Farbstoffen aus.
Ich glaube nicht, dass moderne EGT mit nur einem Farbstoff auskommen. Es gibt eine ganze Reihe von Farbstoffen, die nach dem Trocknen nicht mehr wasserlöslich sind. Ich denke, so einer ist dieser Tinte beigemischt und ergibt das blau-schwarze Bild des Tintenflecks.
Dann bleiben wir doch bei der Salix und setzen ein anderes Laufmittel ein, und zwar ein Ethanol-Wasser-Gemisch (2:3).
Schaut für mich nach zwei blauen Farbstoffen aus.
Das ist doch, was ich meine. Ob das nun tatsächlich nur einer oder aber zwei sind, ist im Fall des Wasser-Chromatogramms egal - sie werden nicht transportiert und bleiben bei dem schwarzen Farbstoff.
Erst in den 90ger Jahren wurde eine Strukturaufklärung mit modernen Verfahren am Eisengallat-Komplex unternommen. Die Bildung aus Gallussäure und Eisen-(II)-Ionen selbst ist erst in den 2000er Jahren angefasst worden - allerdings nicht im Zusammenhang mit Tinte. Freie Übergangsmetall-Ionen wurden da jedenfalls nicht nachgewiesen.
Natürlich sind das hier vielfach vereinfachte Vorstellungen, die tatsächlich ablaufenden Vorgänge sind komplexer. Und was die Forschungen zum Eisengallatkomplex mit den tatsächlichen Eisengallustinten und noch mehr den traditionellen zu tun haben, ist auch noch fraglich, da war kaum Gallussäure drinnen. Der EisenII-gallat-Komplex ist aber wasserlöslich und farblos und wird im Chromatogramm transportiert.
[...]Und was die Forschungen zum Eisengallatkomplex mit den tatsächlichen Eisengallustinten und noch mehr den traditionellen zu tun haben, ist auch noch fraglich, da war kaum Gallussäure drinnen. Der EisenII-gallat-Komplex ist aber wasserlöslich und farblos und wird im Chromatogramm transportiert. [...]
OK, habe ich mich nun zu flapsig ausgedrückt. (Vor allem) in den historischen Tinten wurden Baumgallen verwendet. Sie enthalten Gallotannin, ein Ester eines Zuckers, in hoher Konzentration. In der Regel besteht Galllotannin aus einer Glucose-Grundstruktur, die mit Polyphenolcarbonsäuren (eben den Gallussäuren) besetzt ist. Diese Gallussäuregruppen reagieren mit dem Eisensulfat und formen den farbigen Eisen-Tannat-Komplex.
Forschungen werden seit den 90er Jahren durchgeführt, weil viele historische Dokumente mit EGT (bekannt dafür sind die Bach-Autographe) durch Tintenfraß geschädigt werden. Initiatoren dafür sind Museen und Bibliotheken, die sich der Restaurierung und dem vorbeugenden Schutz solcher Dokumente verpflichtet fühlen. Und zu einem umfassenden Verständnis der Zersetzungsmechanismen gehört auch die Untersuchung der Synthese des fraglichen Stoffs.