Deiner ersten Aussage kann ich nur zustimmen, beim zweiten Teil würde ich noch etwas weiter gehen. Denn ich frage mich, ob Du den Füllern möglicherweise etwas vorwirfst, was sie gar nicht sein wollen ("die Füller haben in der Regel kein eigenständiges gutes Design"). Ich denke, das ist eine Frage von kultureller Andersartigkeit. Ich habe den Eindruck, dass die Chinesen in einer Kultur der Wiederholung leben und sie die Wiederholung so hoch schätzen wie wir das Originelle, nie Dagewesene. Darum ist das, was wir negativ als Plagiat bezeichnen, es bisweilen sogar strafrechtlich sanktionieren und dem wir üblicherweise die Kreativität absprechen, in China etwas, das positiv gesehen wird und keineswegs als unkreativ gilt. Unsere normative Auffassung von Originalität und Kreativität scheitert quasi an der chinesischen Kultur und nicht umgekehrt.
Auch unsere abendländische Kultur war mal eine Kultur der Wiederholung, in dt. mittelalterlichen Texten des 12. u. 13. Jh. (sog. Staufische Klassik, das mittelalterliche Gegenstück zur sog. Weimarer Klassik) liest man beispielsweise in Prologen immer wieder, dass nur das Wahrheit für sich beanspruchen kann, was schon mal erzählt wurde und nun wiedererzählt wird. Neuerfundenes konnte sich nicht auf Wahrheit berufen und galt damit erstmal als was schlechtes. Erst im Zuge der Renaissance und beschleunigt ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts kam eine Phase in unserer abendländischen Kultur, in der das Originelle und Genialische zur Norm wurde. Das lässt sich als Geisteshaltung mit Dichterkonzepten genauso wie in der technologischen Entwicklung sehr gut greifen. Inzwischen befinden aber auch wir Abendländer uns wieder an einer Schwelle zur Entwicklung einer neuen Wiederholungskultur. Diese Schwellensituation lässt sich deutlich beispielsweise in Apples plakativen Aussagen greifen:


Einerseits also das Erfinden, das Originalität und Kreativität entspricht, andererseits ist das Erfundene aber eine Wiederholung, de mal besser und mal schlechter gelingt. Mit etwas Augenzwinkern könnte man sagen, wiederholt entwickeln wir eine Wiederholungskultur oder eine Kultur der Metawiederholung ... aber ich wills auch nicht übertreiben ...
Was ich eigentlich sagen will und dafür diesen Exkurs brauchte: Was Dich stört ist möglicherweise nicht das nicht eigenständige Füllerdesign, sondern allgemeiner die (im wörtlichsten Sinne) Sichtbarkeit kultureller Alterität, in der man nicht nur eine Fremdheitserfahrung mit der der fernöstlichen, sondern auch mit der eigenen Kultur macht. Das sehe ich als etwas positives, weil solche Störungen oft außerordentlich produktiv sein und Impulse geben können.