Wann wird das Hobby ungesund?

Technikfragen zum Forum, Fotothemen, Kaufberatung, Brieffreude, etc.

Moderatoren: Sabine, MarkIV, Zollinger, desas, Linceo, Lamynator, JulieParadise, HeKe2

ostfüller
Beiträge: 698
Registriert: 02.07.2012 19:00
Wohnort: Dresden

Re: Wann wird das Hobby ungesund?

Beitrag von ostfüller »

Hallo Hessi, hallo in die Runde,

der Anfangsbeitrag ist eine gelungene Beschreibung einer Entwicklung mir bekannter Eigendynamik, die wahrscheinlich alle herzlichen Sammler mit gesunden Menschenverstand mal durchmachen und an dem Punkt des Hinterfragens ankommen.

Ich kenne das ebenso. Das anfängliche Ziel meiner Sammlung hat sich im Laufe der Zeit auch sehr deutlich verschoben. Ich habe in diesem Jahr entsprechend eine Kurskorrektur vorgenommen. Jenseits des ursprünglichen Pfades habe ich auch eine ganze Menge kennen gelernt, das ich nicht mehr missen möchte.

Vielleicht ist eine zweiwöchige Einkaufspause mit eingehender Beschäftigung mit den vorhandenen Beständen eine gute Abwechslung.

Beste Grüße
Marco
Benutzeravatar
Axel63
Beiträge: 915
Registriert: 31.08.2014 12:47
Wohnort: Frankfurt am Main

Re: Wann wird das Hobby ungesund?

Beitrag von Axel63 »

Hallo Hessi,

vielen Dank für deinen Start des Threads.
Ja, auch ich bekenne, dass vieles von dem, was bisher beschrieben wurde, auch auf mich zutrifft.

Auch ich bin irgendwann an den Punkt gekommen, wo ich mich fragte: "Ist das noch ein Hobby (Passion) oder schon eine Sucht (Obsession)?"

Ich denke die Grenzen sind da von Mensch zu Mensch individuell und fließend.
Aber tief in unserer DNA sind wir ALLE noch Jäger und Sammler, das steckt nun mal in uns :)

Ich war auch immer auf der Suche nach DEM optimalen Füller, aber letztendlich habe ich festgestellt, dass ich DEN nie finden werde und mein handschriftliches Pensum sich im Prinzip nur auf mein Tagebuch und ein paar Notizen begrenzt, die ich früher mit 1 Kuli geführt habe und auch nicht unglücklicher war, aber das Schreiben mit Füller, gerade bei Tagebüchern, ist eben doch was ganz anderes, habe ich festgestellt.

Aus den verschiedenen Tintenfarben und Papiersorten mache ich mir auch eher weniger.
Mir genügt ein schönes Blau, das man für alles verwenden kann und ein weißes Papier, auf dem sich gut schreiben lässt.

Deshalb bin auch ich dazu übergegangen, mich von alten Beständen bzw. einer früher umfangreichen Sammlung zu trennen.
Übrig geblieben sind 10 sehr teure Stifte in einer Sammlervitrine, die ich von Zeit zu Zeit aus dem Sideboard hole, poliere und mich an ihnen erfreue, wie jeder andere Sammler z. B. an seinen Briefmarken oder Münzen.
Diese Stifte sind eher als Wertanlage gedacht und werden irgendwann einmal veräußert werden.

Zum Schreiben habe ich einen Füller der gleichen Marke, der für alles zum Einsatz kommt und der auch mit den wenigen verschiedenen Tinten, die ich noch habe, betankt werden kann.

Ich gebe zu, es fiel mir anfangs sehr schwer, bei Neuerscheinungen oder bei Ebay-Angeboten standhaft zu bleiben und der Versuchung NICHT nachzugeben, aber mit jedem Mal, steigt auch das gute Gefühl und die Gewissheit "Ich brauche DEN wirklich nicht!"

Was bleibt ist meine Freude am Stöbern auf Flohmärkten oder bei Trödlern und der Erwerb von Füllern oder Stiften zur Restaurierung und zum aufpolieren, weil mir das sehr viel Freude bereitet und ich viel über die einzelnen Hersteller und Befüllungsysteme gelernt habe.
Und wenn sich dann noch bei Ebay ein Käufer für das Teil findet, dann habe ich sogar einem anderen Sammler oder Schreiber eine Freude gemacht.
Im Übrigen haben sich bei mir über Ebay sogar schon echte Freundschaften und neue Sammler ergeben, nachdem der Betreffende beim ersten Erwerb eines schöne Stiftes "angefixt" war.

So das war mein SENF zu der Sache

Liebe Grüße

Axel
"Die Qualität bleibt, wenn der Preis längst vergessen ist." Henry Royce
Hansn
Beiträge: 412
Registriert: 16.10.2014 23:37
Wohnort: Asten, Österreich

Re: Wann wird das Hobby ungesund?

Beitrag von Hansn »

Hallo in die Runde!

Die Betrachtungen habe ich mit Neugier gelesen und kann bei Vielen beipflichten.

Mein persönlicher Status ist derzeit jener, dass seit dem Eintritt ins Forum sich auch die Fülleranzahl gesteigert hat. Es überwiegt auf jeden Fall die Freude an den schönen (gekauften) Schreibgeräten und ebenso der Nutzen des großen Wissens hier, sowie die netten persönlichen Kontakte die sich in der Zeit ergeben haben die ich keinesfalls missen möchte.
Ich meine dass ich mir durch dieses Zusammenspiel sogar so manchen Fehlkauf bisher ersparen konnte, zumal sich meine Sachkenntnisse und auch mögliche Kaufquellen sehr positiv erweitert haben.

Dennoch versuche ich das Hobby nicht ausufern zu lassen, dazu ist auch dieser Thread sehr wertvoll. Denn eines ist schon klar, je mehr man sich mit der Materie beschäftigt desto mehr (schöne) Versuchungen findet man am Weg.

In diesem Sinne weiter mit Maß und Ziel
Gruß
HANS
Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst,
er gibt auch anderen eine Chance.
(Winston Churchill)
Benutzeravatar
Andi36
Beiträge: 3110
Registriert: 29.10.2010 23:43

Re: Wann wird das Hobby ungesund?

Beitrag von Andi36 »

Servus Hessi,

auch ich bin an diesem Punkt gewesen, den Du so schön beschreibst. Zielloses Sammeln ist ein Fass ohne Boden, vor allem wenn es um aktuelle Produkte und nicht um Vintage Schreibgeräte geht. Die Hersteller werden nicht aufhören neue Modelle und Varianten auf den Markt zu bringen ;-).
Für mich war die Lösung relativ einfach - ich habe mich wieder auf meine Parker "51" besonnen. Da kann ich dem Sammel- und Jagdtrieb ausleben; das Thema der Sammlung ist nun endlich, sowohl finanziell als auch vom zeitlichen Aufwand her, macht aber genau so viel Spaß.

Ich setzte das nicht einmal radikal um; also es ist nicht so, dass mir außer dem "51" überhaupt nichts anderes ins Haus kommt, aber meine Perspektive hat sich geändert. Ich suche nicht aktiv nach anderen Füllern und wenn sie mir denn doch über den Weg laufen (am Stammtisch oder wie auch immer) dann springe ich nicht gleich darauf an - sprich, dieser "den muss ich haben" Effekt ist weg. Damit kann ich Entscheidungen nüchterner und bewusster treffen. Auf diese Weise fühle ich mich wohl mit meinem Hobby.

Bin gespannt welche Lösung Du für Dich findest, ich hoffe es ist nicht der radikale Schnitt, wie ihn der Kollege aus dem FPN vollzogen hat.

Gruß
Andreas
Don't feed the troll.
Benutzeravatar
MarkIV
Beiträge: 3176
Registriert: 17.07.2015 8:45
Wohnort: Mainz
Kontaktdaten:

Re: Wann wird das Hobby ungesund?

Beitrag von MarkIV »

Ich kann mich da komplett sehen, auch wenn ich meine es ganz gut kontrollieren zu können. Ich kaufe ganz selten spontan irgendwas, wenn spontan, dann meist Sachen die ich eh irgendwie im Auge hatte. Aber selbst das passiert nicht wirklich oft. Die meisten Stifte oder Tinten die ich kaufe habe ich recherchiert und gesucht.
Wie sagt man so schön? Rein evolutionsbiologisch sind Männer (und offensichtlich auch Frauen) Jäger und Sammler, da es keine Mammuts mehr gibt um sie durch die Steppe zu jagen, haben wir uns Alternativen überlegt. Briefmarken, Münzen, Kameras, Autos, Stifte, Bücher, eine ewig lange Liste.

Für mich ist die Sammelleidenschaft auch ein Ausdruck des kreativen Geistes, solange das Sammeln wirklich gezielt erfolgt, also mit Perspektive. Unkontrolliert ist das wie jede andere Sucht, äußerst destruktiv. Ich achte sehr genau darauf dass der Rahmen erhalten bleibt, es darf nie mehr Geld verschwinden als ich mir leisten kann. Es darf niemand unter meiner Obsession leiden oder zu schaden kommen. Ich selbst bin da gern recht hart zu mir und wenn das nicht reicht, meine Frau toleriert mich zwar, passt aber auch auf, ein Blick reicht da meistens.

Ich möchte gern glauben das es mir hilft meine geistige Gesundheit zu erhalten. Ich habe nicht selten Wochen um die 70 Arbeitsstunden, da ist es für mich wahre Erholung Abends einen schönen Stift in die Hand zu nehmen, Tagebuch oder irgendwelche andere Korrespondenz zu verfassen und mich an der Farbe der Tinte zu erfreuen.

Mark
Man muss die Steine, über die man schreibt, angefasst haben!
Hildegard Maria Rauchfuß


www.tintanium.de/@tintan.ium

Wenn ich offiziell schreibe, dann in Grün
Benutzeravatar
Killerturnschuh
Beiträge: 5491
Registriert: 04.12.2013 17:56
Wohnort: München und Edinburgh

Re: Wann wird das Hobby ungesund?

Beitrag von Killerturnschuh »

Auch wenn es ums Hobby oder Steckenpferd geht ist ein wenig Reflektion sicher sinnvoll.

Erkenne dich selbst, und lebe danach.
Salve

Angi

"Don't believe everything you read on the Internet!"
Bob Dylan
Drummer, Metallica
DanielH
Beiträge: 2673
Registriert: 10.10.2007 12:29
Wohnort: Düsseldorf

Re: Wann wird das Hobby ungesund?

Beitrag von DanielH »

Ein sehr interessanter Thread. Und einer, der einen in sich selbst hineinhorchen lässt. Meine eigene Sammlung ist in diesem Jahr um vier Füller gewachsen und bis zum Jahresende werden es vermutlich nochmal zwei werden. Das ist eine Menge Holz, aber ich bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass es in Ordnung ist. Aber warum ist das so? Ich bin der Überzeugung, ein ganz wichtiger Indikator ist, ob man noch "nein" sagen kann. Und ich bin überzeugt, dass ich das kann. Denn die große Masse der Füller, die hier vorgestellt wird, ist bestimmt sehr schön, aber sie erzeugt bei mir kein "must have"-Gefühl. Ich habe das Gefühl, sehr genau auszusuchen, welche Füller ich mir zulege. Passt er in die Sammlung oder nicht? Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Punkt.

Wo zum Beispiel kann ich nein sagen? Grundsätzlich bei allem, was ich von Montblanc bis jetzt gesehen habe zum Beispiel. Ich mag keine Zigarrenform, so dass das Meisterstück flachfällt. Der Bohème liegt mir nicht und die Donation Pens haben eine schöne Form, aber der Funke will nicht überspringen. Überhaupt noch so ein Punkt, an dem ich nein sagen kann: Speziell gewidmete Füller. In meiner Sammlung findet sich ein Delta The Journal, der ja offenbar der Pressefreiheit gewidmet ist. Der ist sehr schön, aber in vielen Fällen empfinde ich Füller, die einer speziellen Person oder einem speziellen Anlass gewidmet sind, als overdesigned. Ausnahme wäre die Pelikan-Städteserie. Da gibt es wirklich schöne Motive, die ja aber auch verhältnismäßig abstrakt sind und es ist und bleibt einfach ein Pelikan. Das macht sie für mich immer noch schön, aber ist gleichzeitig das Kriterium, reinen Gewissens nein zu sagen. Ich habe nämlich schon zwei Pelikane und auch wenn der Pelikan natürlich in Trupps auftritt, soll da noch maximal einer zukommen, neben M200 und M1000 steht mit längerer Perspektive noch ein M800 auf der Wunschliste. Weiteren Bedarf nach Pelikanen habe ich dann erstmal nicht, ganz einfach weil die Form in der Sammlung ja bereits vertreten ist. Das sieht bei anderen Herstellern, deren Füller unterschiedlicher aussehen, völlig anders aus. Überhaupt sammle ich eher verschiedene Formen und Farben als Spielarten einer einzigen Serie. Und ein ganz wichtiger Punkt: Der Füller muss für mich benutzbar sein - das heißt für mich nicht zu dünn und gern auch recht lang. Sonst entsteht kein "must have-Gefühl".

Der letzte wichtige Punkt ist der finanzielle Aspekt. Dass ich es mir dieses Jahr gönne, für 1000 Euro Füller zu kaufen, liegt größtenteils an der Großzügigkeit meiner Touristen, denn es sind die Trinkgelder, die ich in teure Füller investiere. Und die sind mit den beiden, die jetzt noch im Zulauf sind, aufgebraucht...
Benutzeravatar
AndreasD
Beiträge: 922
Registriert: 23.11.2015 23:57
Wohnort: Mogontiacum

Re: Wann wird das Hobby ungesund?

Beitrag von AndreasD »

Ich denke zu Beginn eines Hobbies besteht eine große Gefahr, dass es ungesund ist oder schnell wird.

Warum, man ist unerfahren und die Sammlung meist noch klein.
Der Wunsch nach Wachstum entsteht, in die Breite und in die Tiefe.
Das führt möglicherweise zu unüberlegten Käufen.

Mit der Zeit reift die Erfahrung und das Wissen um die Materie.
Die Interessenlage fokussiert sich und die "Fehlkäufe" der Anfänge werden transparent.
Die Sammlung wird strukturiert und der Bedarf an weiteren Käufen reduziert sich.

So kenne ich den Verlauf von mir ... und bei jedem Hobby ist die Lernkurve irgendwie ähnlich :lol: :lol: :lol:
Tintige Grüße

Andreas

PS: Hätte ich mich bloß nie hier angemeldet :shock:
Antworten

Zurück zu „Sonstiges / Other“