Seit wann gibt es blaue Tinte?

[Thom]

Hier kannst Du Dir mal den Leonhardi "reinziehen". Mit dem liegst Du als einem der Erfinder der Tinte auf alle Fälle richtig. Und den Zeitrahmen hast Du ja auch.

http://www.dresdner-stadtteile.de/Nordo ... hardi.html

Viele Grüße
Thomas

[Südwind]

Danke, die Firma hatte ich schon auf dem Radar. Da ich mit dem Blau selbst nicht weiterkomme (ich denke, die Farbstoff-Erfinderliste ist ok, auch wenn Du an den Herrn Hofmann darauf nicht glaubst) aber das verrät ja immer noch nicht, wer ab wann und mit Farbstoffen nach wessen Darstellungsmethode die königsblaue Tinte produziert und verkauft hat. Deshalb habe ich bei den Verdächtigen nach Tintenkillern recherchiert. Bereits 1883 wird der mors atramenti (Tintentod) im Anzeigenteil der Fliegenden Blätter beworben. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass reine Farbstofftinten zu dieser Zeit bereits marktüblich waren.

Tintentod.jpg (63.32 KiB) 4718 mal betrachtet

Beiblatt zu den Fliegenden Blättern 9.9.1883

Grüße
Robert

[Thom]

Gute Idee. Ich zweifle auch nicht an Deiner zitierten Erfinderliste, aber der Hofmann ist 58 mit Anilinblau nicht drauf.

Liste.JPG (81.38 KiB) 4709 mal betrachtet

Viele Grüße
Thomas

[Thom]

Und der Kamerad Hofmann himself:

[Thom]

Robert, siehst Du in Deiner Erfinderliste das Cyanin, das ist schon ein blauer Farbstoff. Aber mit dem Anilinblau bist Du auf der richtigen Spur.

Viele Grüße
Thomas

[Südwind]

Hi Thom,
bei der Reklame bin ich bis auf das Fundstück nicht weitergekommen (ich hatte gehofft, wer ein Produkt verkaufen will macht auch Reklame), aber ich habe etwas anderes gefunden:

blaues Anilin-Tintenextrakt (nach Dietrich):

26_0292.jpg (60.24 KiB) 4642 mal betrachtet

Handbuch der Drogisten-Praxis, 1893

Damit rückt Dietrich (ein Eugen Dietrich mit einer Chemischen Fabrik? https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Dieterich) auch in den Kreis der Verdächtigen (als Tintenformulierer). Die blauen Farbstoff-Schreibtinten scheinen damals eher zu den Salontinten gehört zu haben (so werden die bunten Tinten um die Jahrhundertwende bezeichnet, die man zu Hause benutzt hat). Damit hatten sie wirtschaftlich nicht die Bedeutung und waren wohl eher ein Nebengeschäft.

Ansonsten ist die Literaturlage eher verwirrend: ich habe populäre Texte gefunden, in denen behauptet wird, die Anilintinten kamen etwa 10 Jahre nach Leonhardis "Zaubertinte", ein anderer schreibt etwas von 1893. Auf Quellenangaben verzichten beide leider, so dass die Aussagen nicht überprüfbar sind und auch nicht weiterhelfen.

Insgesamt haben wir den Personenkreis (für den deutschen Markt), der für die blaue Schreibtinte verantwortlich ist ganz gut eingegrenzt.

Grüße
Robert

[Thom]

Robert, ja Eugen Dieterich. Bei den Salontinten hast Du diese Tinte gut eingeordnet, natürlich hatte die nicht den "Stellenwert" den sie heute hat. Mit den Farbstoffen hast Du den frühest möglichen Starttermin gefunden. Die Tinte erforderte keine großartigen Investitionen (anders als die Nanotinten heute) und war im Vergleich mit dem, was die Tintenfabrikanten sowieso machten, einfacher. Die Industriestaaten hatten zu dem Zeitpunkt alle eine professionelle Tintenfabrikation. Jeder davon hätte die Tinte problemlos machen können. Wenn Du kein Tintenpatent findest, wirst Du den ersten nur schwer ermitteln können. Die haben vermutlich schon die Entwicklung bei den Farbstoffen genau beobachtet, ich würde eher auf die 10 Jahre nach Leonhardi tippen.

Viele Grüße
Thomas

[Südwind]

Hallo Thomas,
ich glaube, das mit dem Tintenpatent wird es schwer. Dieterich (warum verstümmelt mein Mac eigentlich die Namen der Dresdner Pioniere Leonhardi und Dieterich ?) hatte eine Formulierung mit wasserblau 1887 in seinen Neuen [censored]* Manual veröffentlicht, d.h. ein Patent wird es zu dieser Formulierung nicht geben.

Bildanhang auf Wunsch des Posterstellers gelöscht

wie du schreibt, hat das jeder andere Chemiker/Pharmazeut in seiner Fabrik/Apotheke damals auch machen können. Die Zeitangabe "etwa 10 Jahre nach Leonhardi" erscheint realistisch, 1893 ist definitiv zu spät.
Grüße
Robert


*jetzt werden schon die Namen altehrwürdiger Enzyklopädien vom System verstümmelt. Was an der "Apothekenwissenschaft" so zensurwürdig ist???? Hier geht es ja nicht um blaue Pillen.

http://dfg-viewer.de/show/?tx_dlf%5Bid% ... 8b6ee43ef5

[Cepasaccus]

Ist da Fuchsin das in den Kopierstiften? Oder Methylviolett?

Ich moechte noch anmerken, dass es "Alizarin" heisst.

Cepasaccus

[Thom]

Würde eher auf Violett tippen. Beim Fuchsin hat sich dann aber auch die Schattenseite der Medaille gezeigt, als 30 Jahre später die Fuchsinarbeiter haufenweise Blasenkrebs hatten.

Viele Grüße
Thomas

[Südwind]

Ist da Fuchsin das in den Kopierstiften? Oder Methylviolett?

Da gab es alles mögliche, je nach Hierarchieebene wurde eine andere Farbe verwendet. Eosin für rot usw. Die alten Stifte sind heute saugefährlich, weil die Jugend die Stifte leicht mit Kosmetikstiften verwechselt, da die Marken/die Gestaltung der Stifte heute unbekannt sind und "Kopierstift" bei flüchtigem Hinsehen so aussieht wie "Kosmetikstift" (ja, es ist so banal). Die neuen sehen so aus wie Buntstifte bekannter Marken, da gibt es das Problem nicht.
Seit ich einen Kopierstift aus dem Kosmetiktäschchen meiner Tochter geangelt habe, ich hoffe es war Eosin und damit sowas wie ein Lippenstift (früher wurde Eosin in der Kosmetik verwendet) und kein Fuchsin, kommen mir die historischen Stifte nicht mehr ins Haus. Den bunten Kopierstifte-Nachlass meiner Großmutter habe ich entsorgt - Sammeln hin, Sammeln her.

Grüße
Robert

PS: "Alizarin" . Seufz, ja. Bei der Entwicklung der Rechtschreibhilfe von Mac OS waren keine Chemiker beteiligt. Da wird verunstaltet zu: Leonhardt Dietrich Allzarin* [censored]** Füchsin Ersinn ... probiert es einfach mal aus.

*what the hack is Allzarin? Die größte aller Zarinnen? Wie kommt eine Software dazu, so ein Wort zu erfinden?
**das ist die Porensoftware (das P ist von MacOS - nerv)

[Thom]

Für die Fabrikation war das auf alle Fälle nochmal ein anderes Kaliber, die Ausgangsstoffe werden auch über die Haut resorbiert.

Viele Grüße
Thomas

[Cepasaccus]

Ist da Fuchsin das in den Kopierstiften? Oder Methylviolett?

Da gab es alles mögliche, je nach Hierarchieebene wurde eine andere Farbe verwendet.

Durchaus, aber der alte Kopierstift ist in 99% aller Faelle violett. Fuchsin ist dafuer vermutlich auch zu rot.

Die alten Stifte sind heute saugefährlich, weil die Jugend die Stifte leicht mit Kosmetikstiften verwechselt, da die Marken/die Gestaltung der Stifte heute unbekannt sind und "Kopierstift" bei flüchtigem Hinsehen so aussieht wie "Kosmetikstift" (ja, es ist so banal).

Gefaehrlich sind sie, ja, deswegen die Schutzkappen, aber ich haette nicht gedacht, dass man sie mit was anderem als einem Bleistift verwechseln kann.

Cepasaccus

[Thom]

Na ja, ich lackiere mir höchstens mal die Fußnägel. Da sind aber schon einige Farbstoffe aus besagten Gründen wieder weg. Die ganzen Benzidingeschichten werden, wenn's die erstmal durch Bakterien etc. zerlegt, richtig übel.

V.G.
Thomas

[Thom]

Eduard Beyer aus Chemnitz ist auf alle Fälle auch noch einer der üblichen Verdächtigen:

http://www.villa-koerner.com/index.php? ... geschichte

https://de.wikisource.org/wiki/Deutsche ... abrikation

Viele Grüße
Thomas