den im Thema genannten Füllfederhalter hat mir meine Schwiegermutter geschenkt; es war ihr Ausbildungsfüller. Im Netz habe ich nur wenig über den Stift gefunden. Deshalb möchte ich ihn hier kurz vorstellen; er hat es verdient:
Die technischen Daten:
Es handelt sich um einen kleinen Füller, in der Größe etwa vergleichbar mit einem MB 242/342, der Mitte der 50er Jahre gebaut wurde. Der Stift ist nicht aus Thermo-Plastik (Edelharz, Polymethylmethacrylat, PMMA), so dass mein sehr geschätztes Xerapol zum Aufpolieren nicht geeignet ist (der Stift wird hierdurch beschädigt). Er müsste aus Hartgummi (Ebonit) sein. Mit Autosol o.ä. kann man ihn - incl. Clip und Kappenringen - ein wenig aufhübschen.
Länge mit Kappe 11,9 cm
Länge ohne Kappe 11,6 cm
Länge mit aufgesteckter Kappe 13,8 cm
Durchmesser Kappe max: 1,25 cm
Durchmesser Schaft max: 1,02 cm
Durchmesser Sektion mitte: 0,9 cm
Gewicht Kappe: 5,18 g
Gewicht Füller ohne Kappe unbetankt: 10,67 g
Tankvolumen: 1,12 ml
Zum Größenvergleich neben einem MB 244.G (242/342 hätte besser gepasst, die Knirpse habe ich aber nicht):
Die Schreibeigenschaften:
Der Halter hat eine als "F" gekennzeichnete echte Flexfeder aus 14K-Gelbgold mit der Größenangabe "3" und einer enormen Bandbreite in der Strichstärke (von F-3B). Leider kann ich nicht "flexen" und möchte es auch nicht lernen. Mit zusammengebissenen Zähnen bekomme ich immerhin 3 Kreuze hin:
Mich fasziniert die Feder vor allem, weil sie auch bei ganz geringem Druck noch eine sehr schöne Linienvariation erzeugt, ohne bei normalem Schreiben in irgendeiner Weise kratzig zu wirken, wie ich es bei Flexfedern sonst häufig erlebt habe. Ich mag eigentlich F-Federn überhaupt nicht; den Osmia 663 mit dieser Feder könnte ich mir hingegen sogar als Alltagsfüller vorstellen. Er schreibt weit besser als alle anderen Stifte mit F-Feder, die ich habe.
Die Wartung:
Vorab: Alle Gewinde an diesem Füller sind "normaldrehend", also im Uhrzeigersinn hinein, dagegen heraus.
Den Kappenkopf kann man ohne Werkzeug herausschrauben. Er bildet mit der Innenkappe eine Einheit. Weitere Teile gibt es in der Kappe nicht.
Die Kolbenmechanik ist geschraubt. Man kann versuchen, sie mit den Fingern herauszudrehen; das wird vermutlich nicht klappen. Mangels Spezialwerkzeug bevorzuge ich in solchen Fällen die Zangenschlüssel von Knipex wegen der ganz glatten parallel geführten Backen, die sicherstellen, dass ich den Zylinder immer an der belastbarsten Stelle, nämlich am größten Durchmesser erwische. Das kleinste Modell reicht. Es sieht zwar aus wie Kinderspielzeug, darf aber nicht unterschätzt werden, weil es enorme Kräfte entwickelt (10fache Handkraft). Die Zangenbacken polstere ich mit je einem Stück dickerem und angefeuchteten Leder.
Der Schaft ist zweigeteilt. Die Trennstelle befindet sich unmittelbar unter dem Kappengewinde. Die Teile können ohne Werkzeug auseinander geschraubt werden (etwas Silikon auf dem Gewinde beim Zusammenschrauben schadet nicht).
Feder und Tintenleiter sind vermutlich(!) gesteckt. Ich habe sie mit vertretbarer Gewalt nicht herausziehen können. Eventuell müssen sie herausgeschlagen werden. Das wollte ich aber ohne eine zweite Meinung nicht riskieren. Ich habe das gesamte Vorderteil geraume Zeit in den Ultraschallreiniger gesteckt und auch so sauber bekommen.
Das Problem:
Der Halter hatte ursprünglich eine Kolbendichtung aus Kunststoff, die aber porös und brüchig geworden war und daher nicht mehr dicht hielt. Alle meine Versuche, mir eine Ersatzdichtung aus Kunststoff zu basteln, scheiterten, so dass ich auf Kork zurückgreifen musste. Dafür ist der Füller aber nicht gebaut: Der Schaft ist dünn, die Kolbenmechanik filigran. Ich musste den Korkring auf eine Wandstärke von nur noch rund 2 mm zurückschleifen. Kurz vor der Vollendung hat es mir dann immer wieder diesen Ring zerfetzt und die Einzelteile sind mir um die Ohren geflogen. Ich habe verschiedene Korken ausprobiert und bin dann auf einen ziemlich harten Presskorken gestoßen, der ursprünglich einmal eine Prosecco-Flasche zuverlässig abgedichtet hat. Außerdem habe ich die Kolbenstange nicht mehr in die Standbohrmaschine, sondern in einen Akkuschrauber gespannt, bei dem ich in kurzen Abständen die Drehrichtung geändert habe, um die Zerrkräfte gleichmäßiger zu verteilen. So ging es und der Stift ist wieder unter den Schreibenden:
Den Rest der Familie habe ich bereits darauf vorbereitet, dass wir in diesem Sommer verstärkt Prosecco trinken müssen
![Smile :)](./images/smilies/icon_e_smile.png)
Über ergänzende Informationen zum Füller (genaue Bauzeit, Preis, Prospekte etc.) freue ich mich natürlich.
Viele Grüße
Michael