Moin Peter,Petrus hat geschrieben:
Heutzutage steckt man auch bei größeren Füllfederhaltern (bei kürzeren sowieso) die Kappe beim Schreiben hinten auf den Schaft, um durch die größere Hecklastigkeit einen besseren Schwung in die Handschrift zu bekommen. Warum wohl haben alle "Schönschreib-Füllfederhalter" oder Kalligraphie-Füllhalter einen langen Schaft?
Hallo Axel,
Deine Bemerkung, die ich hier zitiere, hat mich stutzig gemacht. Ist das nur ein Eindruck von Dir, oder gibt es dafür Belege? Mir schien es eher umgekehrt zu sein. In alten Filmen oder auf Fotos sieht man fast immer Leute, die Füller mit aufgesteckter Kappe benutzen (vielleicht nur zu dem Anlass?), heute dagegen beobachte ich, dass die meisten Leute ohne die Kappe hinten drauf schreiben. Meine Erfahrung bezieht sich allerdings vorwiegend auf Studenten, nicht z.B. auf Geschäftsleute, die mit dem Füller vor allem Unterschriften leisten. Hinzu kommt noch, dass Füller in den letzten Jahren "gewachsen" sind. Einen Pelikan M 200 oder M 400 kann man gut mit aufgesteckter Kappe benutzen, bei einem M 600 oder gar M 800 oder M 1000 entsteht dadurch schon ein ziemlich wuchtiges Ding. Man müsste mal nachsehen, wie Schüler in der Grundschule schreiben lernen und ob da eine der beiden Möglichkeiten empfohlen wird. Wenn ich mich recht erinnere, benutzten in meiner Schulzeit (schon länger her) nur wenige Schüler die Kappe beim Schreiben. Und an seinen Gewohnheiten hält man später vielleicht eher fest, als dass man sich umgewöhnt.
Es ist richtig, dass Schönschreibfüller einen langen Schaft haben, aber der ist sehr dünn und wesentlich weniger schwer als eine hinten aufgesteckte Kappe, nicht? Ich kann mir schon vorstellen, dass etwas Gewicht hinten eine schwungvollere Schrift zulässt, aber vielleicht nur bei Leuten, die ohnehin schon unverkrampft und sicher mit einem Füller schreiben können. Die allermeisten Menschen, die ich mit der Hand schreiben sehe, sind weit entfernt von einer entspannten und unverkrampften Handhaltung. Da schließe ich mich übrigens selbst ein. Es gelingt mir allenfalls, wenn ich zu Hause am Schreibtisch in aller Ruhe einen Brief auf schönes Papier schreibe. Aber wenn es schnell gehen muss oder die Bedingungen, unter denen ich schreibe nicht optimal sind, wenn Hektik herrscht oder Aufregung, dann schreibe ich sogar besser und sicherer, wenn ich die Hand ziemlich angespannt und verkrampft halte. Ansonsten rutscht mir der Füller schon mal aus. Lange kann man so allerdings nicht schreiben. Das ist klar. Oft geht es aber nur um eilige Notizen. Da ist meine Handhaltung selten entspannt und so, wie sie sein sollte.
Wie auch immer, mich würde es interessieren, ob sich tatsächlich beim Gebrauch von Füllhaltern etwas in der Richtung verändert hat, die Du andeutest. Vielleicht könntest Du das noch etwas mehr erläutern.
Viele Grüße
Peter
Deine Beobachtungen sind richtig und decken sich ja auch mit meinen Aussagen. In alten Filmen oder auf alten Bildern wurden Füllfederhalter anders gehalten als heute — und zwar so, wie ich es auch empfehle. Dass dies heute anders ist, liegt leider nicht nur daran, dass die Lehrer keinen Wert mehr drauf legen, auf die Handhaltung eines Schreibgerätes oder gar die Handschrift selber zu achten. Und da den Lehrern auch nicht mehr beigebracht wurde, dass man einen Füllfederhalter anders halten sollte als einen Kugelschreiber, wie sollen sie das dann bitte ihren Schülern weitergeben?!?
Meine Erfahrungen und Beobachtungen resultieren u.a. aus einer ca. 40-jähriger Berufserfahrung, in denen ich sicherlich einige zigtausend Füllfederhalter verkaufte und vielleicht noch ein paar mehr Mitmenschen dabei beobachtete, wie sie ein Schreibgerät beim Schreiben halten. Aber auch auf Seminaren und in anderen Kursen konnte ich den Teilnehmern durch "Umerziehung" der Handhabung eines Füllfederhalters ein deutlich längeres, ermüdungsfreies Schreiben ermöglichen. Allerdings ist es wirklich schwer, sich eine über Jahre und Jahrzehnte angewöhnte "Fehlhaltung" abzugewöhnen. (Ich habe das bewusst in Anführungszeichen gesetzt.

Ich habe in einigen "Härtefällen" mit einem Trick (oder Hilfsmittel) gearbeitet: Ich habe einen doppelseitigen Klebefilm (kein Teppichklebeband !!!) in die Handbeuge zwischen Daumen und Zeigefinger am tiefsten Punkt geklebt und dann den Füllfederhalter — nach Legen des Zeigefingers auf das Griffstück (Mittelfinger etwas unter das Griffstück) und Zurückziehens/Legen des Daumens fast oberhalb des Gewindes seitlich an den Schaft, also alle Finger nicht abgeknickt ! — auf das Klebeband gedrückt. Um so schreiben zu können, muss der Proband jetzt die Bewegung aus dem Handgelenk generieren.
Mir haben viele Probanden nach einigen Wochen berichtet, dass sie nachdem sie sich von mir die flachere Haltung eines Füllfederhalters haben zeigen lassen, z.B. in den Vorlesungen jetzt nur noch ihre Notizen mit dem Füllfederhalter machen. Sie können länger schreiben und — ein netter Nebeneffekt, finde ich — ihre Schrift auch besser lesen.

Schon mal probiert?