Ich möchte Euch an dieser Stelle eine Tinte vorstellen, die man so auf den ersten Blick gar nicht mit den typischen Herbstfarben verbindet. Normalerweise denkt man bei herbstlichen Farben ja oft an diesen „Indian Summer“ Look, also an das Farbspiel zwischen Gelbgrün, Gelb, Orange, Braun und diversen Rottönen. Das ist die heitere Seite des Herbstes, wenn die Herbstsonne scheint, und manchmal kann man das auch in Deutschland beobachten. Die klassischen Vertreter dieses Farbspektrums kann man ja auch schon in diesem Faden finden.
Dass man den Herbst auch anders interpretieren kann, hatte Mark(IV) ja auch schon angedeutet. Die Realität ist in Deutschland ja auch sehr oft anders. Als ich so über Herbstfarben nachdachte und mir eigentlich klar war, keine dieser typischen Farben wie z.B. Noodler‘s Apache Sunset aufrufen zu wollen, fiel mir diese hier ein:
Diamine Green Black
Ich habe sie eigentlich nur als Probe, Epaphras ließ sie mir mal zukommen, aber die Tinte passt hier sehr gut ins Bild. Und wie komme ich gerade auf diese Farbe? Weil sie eine Stimmung wiedergibt, an die ich mich gut erinnere. Ich kann zwar nicht wirklich gut zeichnen, aber irgendwie passte es zu der Geschichte, dass ich die Tinte in einer Zeichnung vorstelle:

- Diamine_Green-Black_PE.jpg (703.79 KiB) 5911 mal betrachtet
.
Im letzten Teil meines Universitätslebens, hatten ich und meine Arbeitskreiskollegen einen Schlüssel zum Institutsgebäude der Uni, damit wir eifrig auch am Wochenende unsere Forschungen neben unseren sonstigen Aufgaben an der Uni fortführen konnten. Leider und naheliegender Weise lief das aber nicht immer ganz so, wie man sich das vorgestellt hatte. Das Ende meiner Aktion lag in der Zeit um Weihnachten und ich war oft am Wochenende in der Uni. Wenn ich mal wieder richtig genug hatte und es noch halbwegs hell war, bin ich dann in Richtung Wannsee gefahren und bin dort in der Vorweihnachtszeit und an den Adventssonntagen an der S-Bahn entlang in Richtung Steinstücken marschiert. Meist war es kalt, diesig und nass, aber das störte mich eigentlich nicht. Wichtig war mir, dass bei derartigem Wetter da nicht so viele Leute herumrannten und garantiert niemand nach dem Fortschritt der Forschungen fragte. So hoffte ich, irgendwie wieder das Hirn freigeblasen zu bekommen.
Das Gebiet dort ist ein Waldgebiet zwischen der Avus, damals (schon ehemalige) Transitstrecke, der S-Bahn, der Berliner Mauer, dem Bahnhof Wannsee und der damaligen „Enklave“ Steinstücken. In diesen Herbsttagen hatte es dort diese dunkel- oder matschiggrüne Farbe, die sich aus dem Grün der Nadelbäume, dem sandigen Boden, den Baumstämmen und ihrem Moosbewuchs und dem Nieselregen ergab. Mein kleines „Kunstwerk“ gibt dieses Eindruck nur sehr ungenau wieder, aber besser bekomme ich es nicht hin, Das verwendete Braun ist übrigens deAtramentis Ebony, zu rötlich für den Boden dort, aber mir geht es hier aber um das Grün. Man hätte jetzt für diesen Zweck auch so ein Bundeswehr-Oliv nehmen können, nicht umsonst benutzt man es ja für diesen Zweck, jedoch stellt auch das wieder nur eine Nuance des Spektrums der Grüntöne in einem solchen Wald dar. Jedenfalls ist das die Assoziation, die mich zu dieser Farbe als Herbstfarbton greifen lässt. Wer es mal ausprobieren möchte, kann ja jetzt im November/Dezember bei leichtem Nieselregen durch diesen Wald laufen und die melancholische Stimmung auf sich wirken lassen. Ich glaube nicht, dass sich in den letzten 30 Jahren an der Stelle so viel verändert hat. Diamine hat noch eine Tinte im Programm, die, so empfinde ich es, noch etwas mehr Tristesse und weniger Melancholie ausdrückt. Es ist dies die Diamine Racing Green. Die Tinte hänge ich hier vielleicht in einem späteren Beitrag an.
Die Green-Black selbst lässt sich sehr gut schreiben. Durch ihren etwas dunkleren Farbton ist sie auch durchaus alltagstauglich. Im Scan meiner grünen Sonne erkennt man es nicht, aber die Tinte produziert so dick aufgetragen einen silbergrauen Sheen. Auf dem nachfolgenden Foto ist er aber gut erkennbar, auch wenn er für das Schreiben mit der Tinte bedeutungslos ist.

- Sheen.jpg (668.46 KiB) 5911 mal betrachtet
.
Aus noch einem weiteren Grund passt die Tinte zum Thema Herbst:
Chromatografiert man sie, stellt man fest, dass man gar kein schwarz findet. Das ist gar nicht mal so ungewöhnlich, schwarz ist selten eine Reinfarbe, jedoch besteht die Tinte aus den Farben Grün und Braun, also exakt den Faben, die auch im Wald dominieren.
.

- Foto-PE1.jpg (703.37 KiB) 5911 mal betrachtet
.
P.S.:
Die Zeichnung wurde mit einem Lamy 27-30 und einem flachen Haarpinsel erstellt.