für alle die beim Lesen des Gedichtes von Eugen Roth "Einsicht"
Schwierigkeiten haben, hier der Text zum Nachlesen:
.
Einsicht
Ein Mensch beweist uns klipp und klar,
Dass er es eigentlich nicht war.
Ein andrer Mensch mit Nachdruck spricht:
Wer es auch sei - ich war es nicht!
Ein dritter lässt uns etwas lesen,
Wo drinsteht, dass er's nicht gewesen.
Ein vierter weist es weit von sich:
Wie? sagt er, was? Am Ende ich?
Ein fünfter überzeugt uns scharf,
Dass man an ihn nicht denken darf.
Ein sechster spielt den Ehrenmann,
Der es gewesen nicht sein kann.
Ein siebter - kurz, wir sehen's ein:
Kein Mensch will es gewesen sein.
Die Wahrheit ist in diesem Falle:
Mehr oder minder warn wir's alle!
Eugen Roth
Leserlichkeit ist die Höflichkeit der Handschrift. (Friedrich Dürrenmatt)
Soweit mir bekannt ist stammt das Gedicht aus der Zeit
um 1948 und seiner kritischen Reflektion über die NS-Zeit.
Mir liegt es vor in der Auflage von "Mensch und Unmensch", 1948
aus dem Carl Hauser Verlag, München.
Viele Grüße
Werner
Leserlichkeit ist die Höflichkeit der Handschrift. (Friedrich Dürrenmatt)
"Die Welle" und Rudyard Kiplings "A Song of a Ripple"
Als Jugendliche habe ich das Lied "die Welle" kennengelernt und es sofort mit dem Meer assoziiert. Ein Lied darüber, dass man im Watt nicht mal eben kurz vor der Flut auf die nächste Insel rüberläuft. Egal, wie eilig.
Dann sah ich in einem Liederbuch, dass dieses Lied von Kipling geschrieben sein sollte - und war sehr verwirrt. Kipling schrieb über Indien, die Kolonien, britische Insellegenden ... aber das Watt, vor allem das Watt vor Deutschland, mit seinen zu Fuß zu erreichenden Inseln ... das war nie ein Kipling - Thema. Und die Form der Übersetzung war auch irritierend. Paarreim? Kipling? Nicht wirklich.
Also machte ich mich auf die Suche nach dem Original. Das erwies sich als durchaus schwierig, weil zwar alle Leute beim Abschreiben brav den Kipling dazuschrieben - aber niemand einen Hinweis auf die Vorlage gab. Oder auch nur davon wusste.
Letzte Woche bin ich dann beim Schmökern in der Kipling-Gedichtesammlung über ein klar im Binnenland angesiedeltes Lied gestolpert, das in sechs Versen einen Dialog zwischen einem Mädchen und einer gefährlichen Strömung in einer Furt ausbreitet. Das Reimschema wechselt, je nachdem, wer spricht.
Und damit habe ich das Original zur "Watt-Welle" gefunden.
Meine "Verwechslung" der Furt im Vergleich zur Flut am Meer kommt aber nicht von ungefähr. Wer auch immer das Lied übersetzt hat, war an drei Schlüsselstellen etwas großzügig mit der Wortwahl.
Ich finde beide Lieder schön, aber "Die Welle" spricht mich mehr an als "A Song of a Ripple".
"Die Welle": Geschrieben mit Pelikan M600 OIB (geschliffen von Papiertiger) und Diamine Royal Blue
"A Song of a Ripple": Geschrieben mit Pelikan M400 OB und Diamine Oxford Blue
Ich bin ein Schwarzer Nachtschatten, ich gedeihe nicht in der prallen Sonne.
Hach, sieht das schön aus! So wiu-wiu-schwungvoll und doch kontrolliert, lässig, ohne unordentlich zu sein, abwechslungsreich und doch konsistent ... toll!
Dieses Gedicht hatte ich mir auf die erste Seite meines Ordners für die "Pädagogische Grundqualifizierung" (Lehrerschulung für Seiteneinsteiger) gedruckt, um immer die behutsamen und wohlwollenden Aspekte der Wissensvermittlung im Blick zu behalten.
Hach, sieht das schön aus! So wiu-wiu-schwungvoll und doch kontrolliert, lässig, ohne unordentlich zu sein, abwechslungsreich und doch konsistent ... toll!
Total lieb, vielen Dank!
(Ich war mir fast sicher, dass ich's diesmal übertrieben habe.)
Mal wieder schöne, schöne Beiträge gelesen und gesehen hier... Danke dafür.
Eine Frage meinerseits: Sind ggf. auch Ausschnitte "erlaubt"?
Konkret handelte es sich bei meinem nächsten "Kandidaten" (auch "Gedicht" genannt ) um "Als das Kind Kind war" von Peter Handke - das ist aber so lang, dass es womöglich zwei bis drei Seiten braucht, je nach Handschrift und Schreibgerät... und ich möchte den spirit der Thread-Gründerin unbedingt aufrecht erhalten.