Tintenchromatogramme

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vanni52
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von vanni52 »

Sabine hat geschrieben:
06.08.2021 10:41
Aber vielleicht läßt sich ja im Chromatogramm etwas finden, das allen Sheentinten gemeinsam ist?
Sheentinten haben gemeinsam, dass sie verhältnismäßig wenig ins Papier einsickern und entsprechend stärker auf dem Papier trocknen bzw. auskristallisieren, um dort die dickeren Schichten zu bilden.
Die Cellulose in Papier besitzt einen eher hydrophilen Charakter. Also die Suche nach einer Tinte mit eher hohen lipophilen Anteilen, die bei der Chromatographie mit dem Fließmittel Wasser überwiegend am Startpunkt verbleiben.

Mein Beispiel hierzu ist die Montblanc Leo Tolstoy:
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LG
Heinrich
K15
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von K15 »

Sabine hat geschrieben:
06.08.2021 10:41
Ich denke auch, daß Sheen durch dicke Tintenschichten zustandekommt. Aber vielleicht läßt sich ja im Chromatogramm etwas finden, das allen Sheentinten gemeinsam ist?
Vielleicht der intensiv gefärbte Rand der Laufmittelfront? Das ist hier bei der Montblanc Leo Tolstoy gut zu sehen. Und bei der Akkermann Shocking Blue ist das auch so.

Viele Grüße Daniel
Sabine
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von Sabine »

Lieber Heinrich,
hättest Du auch - zum besseren Vergleich - ein Streifenchromatogramm der MB Tolstoy?
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vanni52
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von vanni52 »

Sabine hat geschrieben:
06.08.2021 13:12
Lieber Heinrich,
hättest Du auch - zum besseren Vergleich - ein Streifenchromatogramm der MB Tolstoy?
Liebe Sabine,
von der Tolstoy nur das oben gezeigte.
Für die Suche nach lipophilen Anteilen sind meines Erachtens die runden Laborfilterpapiere ohnehin besser geeignet.

Zur Abwechslung mal ein Blick auf eine weitere schöne Petroltinte, die Saarpen Eberstein:

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5C903BB2-6F66-4C26-9AE4-67B526823B41.jpeg (530.38 KiB) 3030 mal betrachtet
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Heinrich
K15
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von K15 »

vanni52 hat geschrieben:
05.08.2021 22:09
Dann müßte der pink-magentafarbene Anteil lipophiler sein im Vergleich zum türkis-cyanfarbenen Anteil.
Lieber Heinrich,

das finde ich plausibel. Ich habe mir überlegt: Was passiert eigentlich, wenn wir Laufmittel nehmen, das noch weniger lipophil ist als Wasser? Zum Beispiel Salzwasser. Hier ist ein Chromatogramm von Rohrer & Klingner Verdigris in Salzwasser. Ungefähr 125 mL Leitungswasser mit einem gehäuften Teelöffel Kochsalz. Also Salz zum Kochen, mit Folsäure und Iod :D

Für diese Tinte haben wir schon einige Chromatogramme in unterschiedlichen Bedingungen.

Ich habe auch nur wenig Tinte eingesetzt. Die Farben sind schön getrennt, obwohl es nur ein kurzer Lauf in der Bonbondose war (ca. 8,5 cm). Die hohe Ionenstärke bringt offensichtlich die Farbstoffe dazu, sich vermehrt an die Cellulose anzulagern. Und zwar in der Reihenfolge Gelb-Rosa-Cyan. So wie auch im Doppelkorn oder in der Ethanol-Essigsäure-Mischung.

Außerdem ist hier ein Bild vom Regentropfentest (Briefträgertest). Es gab bei uns schon einige Tage keinen Regen mehr, bis heute. Auch bei dieser Tinte wieder das gleiche Ergebnis: Die Regentropfen können die Buchstaben und Zahlen völlig auslöschen - so wie im Chromatogramm auch keine Farbe auf der Startlinie liegen bleibt.

Viele Grüße Daniel
Dateianhänge
Rohrer-und-Klingner-Verdigris-Chromatogramm-Salzwasser.jpg
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Dino2008
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von Dino2008 »

Beim Einsatz von Salzwasser als mobile Phase und Filterpapier als stationäre Phase erfolgt bereits eine Trennung von Natriumchlorid (Salz) und Wasser während des Chromatogramms - unabhängig vom aufzutrennenden Tintengemisch.
Das Filterpapier (Cellulose) ist aufgrund der Hydroxylgruppen ebenfalls polar aufgebaut.
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vanni52
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von vanni52 »

Dino2008 hat geschrieben:
06.08.2021 19:17
Beim Einsatz von Salzwasser als mobile Phase und Filterpapier als stationäre Phase erfolgt bereits eine Trennung von Natriumchlorid (Salz) und Wasser während des Chromatogramms - unabhängig vom aufzutrennenden Tintengemisch.
Das Filterpapier (Cellulose) ist aufgrund der Hydroxylgruppen ebenfalls polar aufgebaut.
Wenn das Salz die eigentlich für den blauen Farbstoff „reservierten“ Stellen besetzt, müßte dieser eine entsprechend größere Fläche benötigen:
481C5F56-02FF-4582-8597-3BFAC8BA9058.png
481C5F56-02FF-4582-8597-3BFAC8BA9058.png (752.79 KiB) 2981 mal betrachtet
Die Chromatogramme der Verdigris von Daniel (links Leitungswasser, rechts mit Zusatz von Natriumchlorid (Kochsalz)).
LG
Heinrich
Dino2008
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von Dino2008 »

Der Vorteil bei der Verwendung von Lösungsmittelgemischen ist, dass diese je nach ihrer Polarität unterschiedlich schnell auf der stätionären Phase - in dieser Analysemethode (Papierchromatographie) - wandern.
Die jeweiligen Lösungsmittel „binden“ dann aufgrund ihrer eigenen Polarität das von der Polarität passende Tintenmolekül.
Damit trennen sich dann die Farbstoffbestandteile der untersuchten Tinte.
Variieren lässt sich bei der Papierchromatographie nur das Lösungsmittelgemisch.
Hier hilft eine Orientierung an der elutropen Reihe
(https://www.uniheidelberg.de/institute/ ... raphie.pdf, Seite 13)
der Lösungsmittel.
Um eine vollständige Auftrennung der Tintenbestandteile zu erreichen, muss mit unterschiedlich zusammengesetzten mobilen Phasen in unterschiedlichen Konzentrationen experimentiert werden.
Das Chromatographie-Gefäß sollte während der Chromatographie mit einem Deckel verschlossen sein. Der Raum des Gefäßes sollte mit den Lösungsmitteldämpfen gesättigt sein.

Ach ja noch eine Ergänzung zu den beiden abgebildeten Chromatogrammen Wasser/Salzwasser):
Es „wandert“ als mobile Phase das Wasser, das Salz bleibt im unteren Drittel zurück. Der gelbe Tintenbestandteil hat offensichtlich ionische Eigenschaften (salzartige Struktur) und „heftet“ sich an das zurückgebliebene Salz. Eine Trennung ist dadurch möglich und sichtbar.

Gruß
Dieter
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vanni52
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von vanni52 »

Dino2008 hat geschrieben:
06.08.2021 20:33

Hier hilft eine Orientierung an der elutropen Reihe
Danke für den Hinweis. Auch wenn ich den Link gerade mit meinem ipad nicht öffnen kann, ist das Stichwort „elutrope Reihe“ sehr hilfreich. So findet man Salzlösungen mit ihrer großen Lösungsmittelstärke an der Spitze, noch vor H2O, Ethanol,etc.. Was mich an Beitrag und Chromatogramm von Daniel (K15) weiter oben erinnert.
LG
Heinrich
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von K15 »

Dino2008 hat geschrieben:
06.08.2021 20:33
Ach ja noch eine Ergänzung zu den beiden abgebildeten Chromatogrammen Wasser/Salzwasser):
Es „wandert“ als mobile Phase das Wasser, das Salz bleibt im unteren Drittel zurück. Der gelbe Tintenbestandteil hat offensichtlich ionische Eigenschaften (salzartige Struktur) und „heftet“ sich an das zurückgebliebene Salz. Eine Trennung ist dadurch möglich und sichtbar.
Lieber Dieter,

ich denke auch, dass die genauen Bedingungen im Laufmittel ein schwieriges Thema ist. Habe ich Dich richtig verstanden: Du schlägst vor, dass das Wasser an der Lösungsmittelfront salzfrei ist?

Wenn ich das Chromatogramm aus dem Bonbonglas hole, dann ist das Löschpapier nass. Also nicht nur feucht, sondern richtig nass. Ich gehe davon aus, dass das Lösungsmittel nicht nur in einer einzigen (monomolekularen) Schicht an dem Papier hoch steigt. Sondern das Lösungsmittel steigt in einer Dicke hoch, die viele Wasserschichten stark ist. Während das Salz aus der untersten Schicht an mögliche Bindungsstellen im Papier bindet, fließt Salzwasser nach und ersetzt das fehlende Salz. Diffusion ist auf sehr kurzen Strecken sehr schnell. Deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass die Salzkonzentration an der Laufmittelfront genauso hoch ist wie im Reservoir unten.

Irgendwie müsste man die Salzkonzentration an der Lösungsmittelfront messen. Das ist zu Hause nicht einfach. Wenn es ein farbiges Salz gäbe, dann könnte man vielleicht sehen, ob sich ein Gradient ausbildet oder nicht.

Viele Grüße Daniel
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vanni52
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von vanni52 »

Dino2008 hat geschrieben:
06.08.2021 20:33
Der gelbe Tintenbestandteil hat offensichtlich ionische Eigenschaften (salzartige Struktur) und „heftet“ sich an das zurückgebliebene Salz. Eine Trennung ist dadurch möglich und sichtbar.
Schön, dass der in der Verdigris enthaltene gelbe Farbstoff nun auch ausführlicher in den Blick genommen wird.
Der Ansatz der ionischen, hydrophilen Eigenschaften wird durch das Chromatogramm unterstützt, das Hermann oben gezeigt hat. Hier ist der gelbe Farbstoff im Prinzip an der Startlinie verblieben.
LG
Heinrich
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von Dino2008 »

Das Chromatogramm ist doch dann beendet wenn die Lösungsmittelfront die Ziellinie (meist 10 cm von der Startlinie entfernt zur Bestimmung des Rf-Wertes) erreicht.
Bei der Papierchromatographie ist das aufgrund der Kapillarkräfte recht schnell der Fall.
Wenn das Chromatographiepapier darüber hinaus länger in die Salzwasserlösung eintaucht, wird selbstverständlich weiteres Salz nachgeführt und erreicht dann später ebenfalls die Ziellinie.
Zur Bestimmung des zur Analyse des Gemisches wichtigen Rf-Wertes muss das Chromatogramm jedoch beim Erreichen der Ziellinie beendet werden.
Die Startlinie darf übrigens nicht in die Salzlösung eintauchen …

Die Nachführung von Salzwasser über die Startlinie unterliegt den gleichen Bedingungen. Das Salz verhält sich im Prinzip wie die „wandernde Tinte“. Die Natrium- und Chloridionen unterliegen permanent dem Einfluss der mobilen Phase Wasser und der stationären Phase Cellulose - beide polar, aber mit geringen Unterschieden.
Zur Erzeugung eines optisch ansprechenden Chromatogramms mit Hilfe der Streifen- oder auch Rundfiltertechnik sind die Hinweise von Start- und Ziellinie selbstverständlich überflüssig.
Hier wird die Chromatographie dann beendet, wenn ein ansehnliches farbiges Ergebniss vorliegt. Auch dann ist erkennbar aus welchen Bestandteilen die untersuchte Tinte besteht. Nicht zu ermitteln ist so, um welche Farbstoffe es sich bei den gelben, roten, blauen, … Bestandteilen handelt.

Gruß
Dieter
Dino2008
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von Dino2008 »

Zitat K15:
„… Das ist zu Hause nicht einfach. Wenn es ein farbiges Salz gäbe, dann könnte man vielleicht sehen, ob sich ein Gradient ausbildet oder nicht. …

Hallo Daniel,

versuch es mit Kupfersulfat. Kupfersulfat - jedenfalls das mit Kristallwasser (CuSO4x5H2O) - ist blau. Die blaue wässerige Lösung des Kupfersulfats müsste bei etwas höherer Konzentration auf dem weißen Filterpapier erkennbar sein.

Gruß
Dieter
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von K15 »

vanni52 hat geschrieben:
07.08.2021 10:48
Dino2008 hat geschrieben:
06.08.2021 20:33
Der gelbe Tintenbestandteil hat offensichtlich ionische Eigenschaften (salzartige Struktur) und „heftet“ sich an das zurückgebliebene Salz. Eine Trennung ist dadurch möglich und sichtbar.
Schön, dass der in der Verdigris enthaltene gelbe Farbstoff nun auch ausführlicher in den Blick genommen wird.
Der Ansatz der ionischen, hydrophilen Eigenschaften wird durch das Chromatogramm unterstützt, das Hermann oben gezeigt hat. Hier ist der gelbe Farbstoff im Prinzip an der Startlinie verblieben.
Das sehe ich auch so. Dann könnte es vielleicht sogar Uranin sein (Fluorescein-Salz): https://de.wikipedia.org/wiki/Fluorescein Vielleicht komme ich bei Gelegenheit an eine Vergleichsprobe. Dann kann ich zwei Spuren nebeneinander laufen lassen. Das erspart das Ausrechnen von Rf-Werten :D

Viele Grüße Daniel
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HeKe2
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Re: Tintenchromatogramme

Beitrag von HeKe2 »

K15 hat geschrieben:
07.08.2021 9:49
Irgendwie müsste man die Salzkonzentration an der Lösungsmittelfront messen. Das ist zu Hause nicht einfach. Wenn es ein farbiges Salz gäbe, dann könnte man vielleicht sehen, ob sich ein Gradient ausbildet oder nicht.
Zum Beweis dessen, dass Dino2008 recht hat, hier einmal eine hingeschluderte Chromatografie mit Küchenkrepp und Eisen-III-chloridlösung:
Schluderchromatografie.jpg
Schluderchromatografie.jpg (710.75 KiB) 2865 mal betrachtet
Beste Grüße
Hermann
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