Tinte selber kochen?

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Barbara HH
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Tinte selber kochen?

Beitrag von Barbara HH »

Ihr Lieben,

hat schon mal jemand von euch selber Tinte gekocht? Ich habe noch eine etwas ältere Flasche Bio-Glühwein herumstehen und frage mich, ob ich daraus nicht einfach Tinte kochen könnte?

Viele Grüße,
Barbara
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Ingenieur
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Ingenieur »

Hallo,

also interessant wäre das schon, aber ich frage mich ob es überhaupt möglich ist eine Tinte selber herzustellen die man problemlos in einem Füllhalter verwenden kann. Ich denke da einerseits an Verunreinigungen (Partikel) sowie die Haltbarkeit (fehlende Konservierung). Ich habe zu viel Angst daß die Tinte innerhalb kurzer Zeit verdirbt oder verschimmelt und das möglicherweise in einem guten Füller...
Anders sieht es aus wenn man etwa mit einer Glasfeder oder einem klassischen Federhalter schreibt - da kann nicht viel kaputt gehen (außer die Glasfeder fällt auf den Boden :oops: )

Christian
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mickey
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von mickey »

grüß gott,
ja da kann ich mich noch dunkel erinnern. meinem schulfüller, pelikan m100 oder m200?? konnte nie so recht identifiziert werden, hab ich mal so eine mischung aus abgestandenen wein und saft (?) verabreicht, roch nach kurzer zeit und verklebte den füller. dies war der grund warum er in die lade wanderte. damlas hatte ich noch kein wirkliches interesse an füllfedern.
es war wohl keine tine mehr im pelikan glas, daher der versuch.....
also bei mir war das mit der selbstgebrauten tinte zum scheitern verurteilt.

mfg mickey
mfg mickey

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newlife
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von newlife »

Hallo Barbara!

Den Glühwein würde ich auf die eine oder andere Weise entsorgen - oral oder klo-ral, wenn er nicht schmeckt . . . ;) Ich hätte da schon wegen eventuellen Zuckergehalts meine Bedenken, und der gehört meiner Meinung nach nicht in einen Füller, könnte alles verkleben. Versuch's doch mal mit einem preiswerten Rotwein; wenn der sich auf Papier gut macht (Glasfederhalter oder so zum Testen), würde ich ihn eindampfen, damit der Alkohol sich verflüchtigt, allein dadurch müsste sich das Volumen schon um 10 - 12 % reduzieren. Bedenken, diesen alkoholfreien Wein in einen meiner Füller zu tun, hätte ich nicht. Wenn die Tinte, ääh, der Wein nicht fließen will, reinigst du den Füller einfach.

Eigentlich denke ich, dass sich teurer Rotwein besser eignen wird, weil er immer ein viel kräftigereres Rot hat als die Billigverschnitte, aber da lohnen sich erste Versuche mit Billigwein, wenn man sich des Ergebnisses noch nicht sicher ist.

Da kommt mir eine Idee - wenn die Sättigung nicht ausreicht - wie wär's mit einem Zusatz roter Lebensmittelfarbe? Man muss einfach nur Experimentierfreude zeigen . . . :D

Grüße von Klaus
Grüße von Klaus!
Niagara Falls

Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Niagara Falls »

Hallo,

also es bleibt auch die Frage, ob das Rot eines Rotweines auch auf dem Papier rot bleibt oder durch Oxidationsreaktionen oder pH-Verschiebungen eher braun / schwarz wird.
Abgesehen davon konzentrieren sich sich durch Ein- / Abdampfen des Alkohols und von Wasser auch die Zucker, Tartrate (Weinstein) und sonstigen Mineralien auf. Ob das nicht beim Eintrocknen im Tintenleiter zu massiven "Obstipationen" führt?
Ich würde den Füller doch nach jedem Gebrauch von solchen Eigengebräuen gründlich spülen.

Gruß Günther
Barbara HH
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Barbara HH »

Hallo,

vielen Dank für eure Antworten! Die Warnungen wegen des Zuckergehalts werde ich absolut ernst nehmen. Hatte nur diese Idee mit dem Glühwein, weil es ja bei de Atramentis eine Glühwein-Tinte gibt. Aber Zucker geht natürlich gar nicht. Also, wie Klaus so schön sagt: oral oder klo-ral!

Aber aus Wein mal Tinte selber kochen ist schon eine faszinierende Idee. Wegen der Sedimente etc. würde ich das Gebräu dann hinterher durch einen Kaffeefilter o.ä. gießen.

Und ich würd' mich auch nicht trauen, das Zeug in einen teuren Füller zu geben. Da müsste dann ein Parker Frontier für herhalten, oder der chinesische "Luxus"-Füller, den ich mal aus einer Laune heraus für 6,50€ bei ebay ersteigert habe. Bzw. im allerersten Versuch eine einfache Bandzug-Feder.

Hier ist eine Seite über Tintenherstellung, aber ein Rezept für Rotweintinte ist nicht dabei.

Inzwischen habe ich auch noch mal im Buch von Peter Unbehauen nachgesehen. Dort gibt es Rezepte für Tinte aus Walnußschalen und aus Roibuschtee. Aber leider nicht für Rotwein. Das Verfahren ist aber wahrscheinlich dasselbe: Zeugs kochen, bis die Farbe kräftig genug ist, durchfiltern, gut. Ob sich das Resultat dann lange hält und ob es schlau ist, dat Tüch in einen Kolbenfüller zu füllen, ist eine andere Frage.

Wenn die Tinte durch Oxidation hinterher einen Sepia-Ton bekäme, fände ich das auch nicht unbedingt schlecht.

Also schaun mer mal. Da der Glühwein ausgeschieden ist und ich nur ganz ganz selten Wein trinke, wird es etwas dauern, bis mal wieder ein Gläschen übrigbleibt. Aber irgendwann werde ich es einfach mal ausprobieren :)

Herzliche Grüße,

Barbara
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Tenryu
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Tenryu »

Ich frage mich gerade, ob man vielleicht auch aus Tintenfischen Tinte herstellen kann? (zumindest kann man sie kochen... :lol: :lol: )

Die Herstellung von brauchbarer Tinte dürfte nicht leicht sein, und sehr viel Experimentieren erfordern. Noch schwieriger wird es, wenn sie auch noch füllhaltertauglich sein soll.
Immerhin muß sie folgende Bedingungen erfüllen:

1. kräftiger Farbton
2. einigermaßen licht- und alterungsbeständig
3. keine Kristalle oder Sedimente bilden
4. nicht faulen oder schimmeln
5. das Papier nicht angreifen
6. den Füllhalter nicht angreifen
7. keine unlöslichen Reste bilden (die den Tintenleiter dauerhaft verstopfen)
8. nicht gesundheitsschädlich sein
9. im Tintenfaß bzw. Füllhalter nicht zu schnell eintrocknen
10. auf dem Papier nicht verlaufen oder durchbluten
11. einen guten Tintenfluß erzeugen
Niagara Falls

Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Niagara Falls »

Hallo,

nun ich denke, daß die meisten "alten" Rezepturen nicht für Füllhaltertinten bestimmt waren, sondern für den Federkiel oder normalen Schreibfeder. Waren ja schon Günther Wagners Rezepturen von Anfang des 20. Jhds. schon reine "Chemietinten", darunter ja auch die altbekannte 4001.
Und ob sich der Aufwand lohnt, im Vergleich zu einer "ungefährlichen" Duft-, Geschmacks-, oder sonstwas-Tinte der bekannten Hersteller ist eine andere Frage.
Der einfachste und billigste Farbstoff für Tinten dürfte noch immer Ruß sein. Vielleicht von einem alten Dieseltrecker, weil der in diesem Ruß vorhandene Motorölanteil sicherlich die Gleitfähigkeit der Feder erhöht :lol:

Gruß Günther
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audace
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von audace »

Niagara Falls hat geschrieben:Hallo,
...
Und ob sich der Aufwand lohnt, im Vergleich zu einer "ungefährlichen" Duft-, Geschmacks-, oder sonstwas-Tinte der bekannten Hersteller ist eine andere Frage.
...
Gruß Günther
Nun ja, ich glaube aber schon, dass es in dem Zusammenhang, was Barbara bezweckt, eher um die Individualität und Exclusivität einer Tinte geht, die man halt nicht kaufen kann ...
Das wäre zumindest der Reiz, um den es mir ginge, wenn ...

Einen schönen Start in den trüben Sonntag!

Schöne Grüße, Audace

Il n'est jamais plus tard que minuit!
Barbara HH
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Barbara HH »

Hallo und schönen Sonntag,

och, eigentlich geht's mir weder um Perfektion, noch um Exklusivität, sondern eher ums Spielen und Experimentieren. Und wie gesagt, ich hab halt diese olle Flasche Glühwein rumstehen, und bevor ich die ins Klo kippe, dachte ich mal, ich spiel ein wenig damit rum.

Ich koch halt auch sehr gerne und hab mir auch schon Parfum selbst gemischt (geht übrigens ganz einfach: 2-3 Duftöle mischen, mit Alkohol verdünnen, ein paar Tage liegen lassen, immer wieder gut schütteln, in einen Sprühflakon füllen und gut.) Eine andere verrückte Idee, die ich habe, ist irgendwann mal Seife selbst zu kochen.

Sowas ist für mich nichts anderes als ein Spiel. Wenn ich Sushi selber rollen kann und Nudeln und Brot selber machen kann, warum soll ich nicht mal mit Tinte Kochen experimentieren?

Nur, die Warnung ist natürlich berechtigt, selbstgekochte Tinte in einen Kolbenfüller zu geben wäre wirklich sehr "mutig" um es mal dezent zu formulieren.

Wenn ich das nächste Mal einen Weinrest übrig habe, koche ich einfach mal ein paar Centiliter ein und probier das mit einer einfachen Schreibfeder aus, kann ja nix passieren :)

Viele Grüße,

Barbara
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Barbara HH
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Barbara HH »

P.S.:

...und es hat natürlich auch etwas mit Qualität und Selbstbestimmung zu tun. Mein erstes selbstgedrehtes Sushi war zwar nicht ganz formvollendet, aber geschmacklich war es schon besser, als alles, was ich bisher im Restaurant bekommen habe :lol: Bei vielen Sachen muss man sich nur trauen, dann merkt man, dass man mit ganz einfachen Mitteln fantastische Resultate erzielen kann. Selbstgemachte Nudeln z.B. sind auch so was.

Jetzt im Moment geht es mir wie gesagt erstmal um's Spielen und Experimentieren. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass man, wenn man beim Tintekochen erstmal den Bogen raus hat, mit ganz einfachen Mitteln geniale Tinten hinbekommt.

Jetzt im Moment habe ich z. B. einen Becher frisch aufgebrühten Safran-Tee vor mir stehen. (Kleiner Tip übrigens an alle, besonders an die Frauen: lest euch mal die Wirkung von Safrantee durch!)
Wenn man Safran mit heißem Wasser aufgießt, bekommt man einen safranfarbenen, aber abgesehen von der Farbe kristallklaren Aufguß. Keine Teilchen, Sedimente o. ä. Wenn man destilliertes Wasser nimmt, und mehr Safranfäden mit weniger Wasser in einem Topf solange kocht bis man die gewünschte Farbintensität hat, könnte ich mir gut vorstellen, dass die daraus resultierende Tinte auch im Kolbenfüller verwendet werden kann. Natürlich erst mal in einem billigen Plastikfüller testen, und man müsste die Tinte noch sicherheitshalber durch einen geeigneten Filter gießen und vielleicht noch ein paar Tröpfchen Konservierungsmittel dazu (z. B. InkSafe oder SterilInk von Tryphon). Aber warum soll es grundsätzlich nicht gehen? Bevor ich das nächste Mal 20€ und mehr für ein Glas Safran-Tinte ausgebe, werde ich lieber erstmal selber experimentieren :)

Viele Grüße,

Barbara
Zuletzt geändert von Barbara HH am 08.01.2012 12:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Barbara HH »

Tenryu hat geschrieben:Ich frage mich gerade, ob man vielleicht auch aus Tintenfischen Tinte herstellen kann? (zumindest kann man sie kochen... :lol: :lol: )
Das wird sicher eine sehr leckere Dufttinte!!! Nur zu :P
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Barbara HH »

Guckst Du hier:
Sepia ist eine Tinte, die aus dem Farbstoff der Tintenfische hergestellt wird (die
Tintenfischblasen werden getrocknet, gemörsert und dann mit Wasser versetzt).
Viel Spaß dann beim Trocknen und Mörsern der Tintenfischblase :lol:
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von 14all41 »

Liebe Barbara!

In Abänderung:
Backe, backe Kuchen ...
Koche, koche Tinte ... :-)

Für deinen Wunsch konnte ich kein Rezept finden.

Vielleicht hilft dir dieser Buchtipp bei zukünftigen Experimenten:
"Kleines Rezeptbuch der historischen Tinten" von Nicolaus Equiamicus (Bohmeier Verlag).

Gutes Gelingen!

Herzliche Grüße
Peter
Barbara HH
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Re: Tinte selber kochen?

Beitrag von Barbara HH »

Hallo Peter,

das sieht spannend aus, danke! Allerdings enthält es einer Rezension zufolge auch Rezepte, in denen man 30g Quecksilber einkocht :twisted: Aber historisch interessant ist das sicher allemal. Und es sind ja sicherlich auch ungiftige Rezepte drin.

Ich hab inzwischen auch etwas recherchiert - nicht ganz einfach, weil man für die Suchworte "Rezept" & "Tinte" (& "Safran") mit hunderten von Tintenfischrezepten (mit Safransoße) vollgehagelt wird...

Ein Arbeitsblatt, das einen Überblick über verschiedene Arten von Inhaltsstoffen und Tinten gibt. Enthält auch Links auf Rezepte, allerdings alles Rezepte für Eisengallus-Tinte.

Farben: Rohstoffe und Herstellung

Abraxas, eine Tintenküche in der Schweiz, in der man auch Tinte nach Wunsch herstellen lassen kann

Der Liber illuministarum aus Kloster Tegernsee

Ein Tintenrezept von 1805 (Eisengallustinte)

Glossar zur spätmittelalterlichen Buchmalerei und Buchherstellung

Viele Grüße,

Barbara
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