Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

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meinauda
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von meinauda »

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pejole
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von pejole »

Freizeitsportler hat geschrieben:
27.09.2024 21:07
Die Unterschiede in der Lineatur wurden gezeigt. Dabei entspricht 1:1:1 auch ungefähr meiner Schreibweise (LA). Wie sind die genauen Maße für die jeweiligen Lineaturen bei Kurrent und der Offenbacher? Gab es dafür Standardmaße? Und welcher Zeilenabstand galt als vorgegeben?
Die Maße bestimmst du mit der Größe der Kleinbuchstaben. D.h., wenn du Kurrent in 3mm schreibst brauchst du bei einer Lineatur für diese Schrift von 2 -1-2 für Ober- und Unterlängen jeweils 6mm, also insgesamt 15mm. Ich schreibe meist in dieser Größe, ganz einfach weil es einfacher ist als in 2mm oder 1mm Größe zu schreiben wie im letzten Foto zu sehen, strengt nicht so an. Und zu Beginn würde ich eher in 4mm üben, je größer desto einfacher, und in einer Schräge von 60 bis 70 Grad. Nach Einübung kannst du auf 3 oder 2 mm gehen.

Ich benutze kein Linienblatt sonder ziehe mir Linien in 1,5 cm Abstand, drehe das Blatt um und ziehe dann in 3mm Abstand die zweite Linie für die Kleinbuchstaben. Für die Großb6chstaben ziehe ich keine Linien mehr, die Größe habe ich vom Gefühl her drauf. Ich ziehe Linien weil ich fast nur Karten auf A3 oder A4 mit 220 bis 300g Gewicht beschreibe und da nutzt kein untergelegtes Linienblatt.
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Ich würde an deiner Stelle direkt mit Kurrent anfangen, irgendwann kommst du eh zu dieser Schrift und vernachlässigst Sütterlin und Offenbacher - die habe ich gestern seit langer langer Zeit mal wieder für diesen Thread geschrieben - Kurrent ist einfach die elegantere der drei Schriften. Und solltest du Bedenken wegen der Spitzfeder haben, probiere es einfach mit einer Kugelspitzfeder wie im Foto gezeigt. Im anderen Foto habe ich mal ein Lineal an ein Schriftstück gelegt mit 6-3-6 mm Schriftgröße. Nur zu.

Und zum Nachbacken das Sandkuchenrezept in 1mm Schriftgröße, die Frau muss gute Augen gehabt haben
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Gruß Martin
Gast1
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von Gast1 »

Ich würde für den Anfang das Kurrent-Übungsheft hier empfehlen. viewtopic.php?p=83722#p83722
Sütterlin und Offenbacher, das waren Projekte vom preußischen Kultusministerium und der hessischen Oberschulbehörde. Und man muss sagen, die Schwellzugschrift war für die Kinder unnötig schwierig. Aber man kann die Herren Sütterlin und Koch ja mal selbst zu Wort kommen lassen.
https://portal.dnb.de/bookviewer/view/1 ... 0/mode/1up
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... t_1928.pdf
Freizeitsportler
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von Freizeitsportler »

Die kulturhistorische Bedeutung der Schreibschrift zur jeweiligen Zeit ist nicht zu unterschätzen. Mozart würde ich gern zu seiner schönen französischen Schrift gratulieren, die selbst ich sofort lesen konnte. Kurrent und deren Modifikationen haben in meinen Augen nicht so eine einfache Lesbarkeit. Dies mag an meiner Sehbehinderung liegen und daran, alte Schriften eben nicht in der Schule unterrichtet bekommen zu haben.
Jetzt erinnere ich mich an eine typische Situation aus Schultagen. Es gab Kinder, die beim Schreiben fast mit der Nase auf dem Papier da saßen, weil sie so wegen ihrer Kurzsichtigkeit besser sehen konnten, was sie schrieben. Bei mir war (und ist) es das Gegenteil. Mit meiner Weitsichtigkeit ist eine 1 mm hohe Schrift in der Mittelzeile weniger gut geeignet.
Mir kommt die LA insgesamt klarer und wesentlich praktischer vor. Danke für das tolle Plakat. Am Monitor maß ich die Lineatur mit einem Verhältnis von 8:10:8 mm. Der Mittelbau ist hier im Gegensatz zur Kurrent mehr ausgeprägt. Ein für mich schöneres Verhältnis hat die Sütterlin. Also, es geht ja nicht nur um die Vorteile beim Erlernen des Schreibens, sondern schlicht auch um die einfachere Lesbarkeit allgemein.
Beim Schreiben macht es weiter einen wesentlichen Unterschied, ob die Schrift zusammenhängend ist, oder die Buchstaben wie bei der Druckschrift nicht oder kaum verbunden. Und LA kann ja ebenfalls mit Neigung und abgewandelter Lineatur geschrieben werden.
moniaqua

Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von moniaqua »

Freizeitsportler hat geschrieben:
28.09.2024 8:42
Kurrent und deren Modifikationen haben in meinen Augen nicht so eine einfache Lesbarkeit. Dies mag an meiner Sehbehinderung liegen und daran, alte Schriften eben nicht in der Schule unterrichtet bekommen zu haben.
Ich glaube weder das eine noch das andere, m.E. ist einfach Kurrent unübersichtlich. Die Augen haben keinen Halt. Ich vermute eher, dass das an den überdimensionalen Über- und Unterlängen liegt und eben das, was wichtig ist, die Kleinbuchstaben, total ins Hintertreffen geraten.
Ich habe in der Schule weder Sütterlin noch Kurrent gelernt. Sütterlin jedoch, da habe ich eine Chance, das entziffern zu können. Bei Kurrent, das kann noch so schön geschrieben sein, ist es wesentlich anstrengender und teilweise einfach wirklich für mich nicht entzifferbar. Ich führe das auf die im Verhältnis größeren Kleinbuchstaben zurück, die dem Auge Struktur und Halt geben. Ich bin übrigens Kurzsichtig :)
Freizeitsportler hat geschrieben:
28.09.2024 8:42
Mir kommt die LA insgesamt klarer und wesentlich praktischer vor.
Mir auch.
Freizeitsportler hat geschrieben:
28.09.2024 8:42
Und LA kann ja ebenfalls mit Neigung und abgewandelter Lineatur geschrieben werden.
Wenn man mag, ja :) Man könnte vielleicht auch die Kurrent mit 1:1:1 oder 1:2:1 schreiben; Offenbacher mehr geneigt ist ja schon fast Kurrent.
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JulieParadise
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von JulieParadise »

meinauda hat geschrieben:
27.09.2024 22:44
iMännchen
Darf ich mal ganz dumm nachfragen, was es mit diesem hier ja schon wiederholt verwendeten Begriff auf sich hat? Oder hat da die Autokorrektur gewütet? Ist mein Ironie-Detektor kaputt? ;)
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von Nitschewo »

JulieParadise hat geschrieben:
28.09.2024 9:00
meinauda hat geschrieben:
27.09.2024 22:44
:D
iMännchen
Darf ich mal ganz dumm nachfragen, was es mit diesem hier ja schon wiederholt verwendeten Begriff auf sich hat?
iMännchen (oder iDötzchen) sind Schulanfänger. :) Ich kann mich auch noch daran erinnern, von aufgeregten Verwandten am Tag meiner Einschulung so betitelt worden zu sein. Noch in diesem Jahr stolperte ich in einem Artikel unserer Tageszeitung über den Begriff und dachte: Ach guck, sagt man das immer noch! :D

Die Bezeichnung leitet sich tatsächlich vom ersten Buchstaben her, den Kinder beim Erlernen der Deutschen Schreibschrift schreiben sollten, eben dem i (sagt Wikipedia und hat ein halbes Jahrhundert nach meinem ersten Schultag auch diese Wissenslücke bei mir geschlossen).
Viele Grüße

Bianka

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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von Gast1 »

Freizeitsportler hat geschrieben:
28.09.2024 8:42
Die kulturhistorische Bedeutung der Schreibschrift zur jeweiligen Zeit ist nicht zu unterschätzen. ...
Na endlich merkt das mal jemand. Aber wie ich das preußische Kultusministerium und die hessische Oberschulbehörde kenne,
hat man als nächstes irgendwas mit KI in petto. Da hat man doch gleich wieder was, auf das man sich freuen kann. :)
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JulieParadise
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von JulieParadise »

Nitschewo hat geschrieben:
28.09.2024 9:19
iMännchen (oder iDötzchen) sind Schulanfänger. :) [...]
Aaah, danke. :)
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von meinauda »

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Und ich komme aus Westfalen Sina und bin schön schön alt!
meinauda
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von meinauda »

Mal ein Brief von 1929, alle in Kurrent, da alle drei vor 1900 geboren sind.


Von oben nach unten
Bruder meiner Mutter (Künstler)
Mein Großvater (Konrektor)
Meine Großmutter (Ehefrau)

Wenn alle so schreiben würden wie mein Großvater, wäre das Lesen ein wirkliches Vergnügen.
Aber lesen lassen sich alle drei. Und die Lineatur der Anfänge übernimmt man dann ganz individuell in seiner Zielschrift.
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von Der Zeitreisende »

pejole hat geschrieben:
27.09.2024 18:50
@ Der Zeitreisende

[…] Hier nochmal ein Foto wo du jetzt aber wohl deutlich den Unterschied zwischen Sütterlin und der Offenbacher siehst und die verschiedenen Lineaturen. […]
(hauptsächlich für Martin:)

Lieber Martin,

ich möchte hier nicht grundsätzlich Deine Kenntnisse auf diesem Gebiet anzweifeln, aber:

erstens möchte ich doch, vielleicht ein bisschen pedantisch, darauf hinweisen, dass ich meine Aussage basierte auf dem Bild, das Else Marie uns geschickt hat. Wenn man nicht mit dem blossen Auge sofort erkennt, dass die drei Zonen 1-1-1 sind (wie ich schrieb), dann kann man es mit einem Lineal nachmessen. Das ist empirisch sofort und einfach nachgewiesen. Darüber kann es keine weitere Diskussion geben.

Zweitens (sorry, aber ich muss wieder pedantisch sein), dass Du aus einer anderen Quelle ein anderes Bild anbietest, ist an sich natürlich nicht verkehrt, aber auch dort kann man nachmessen, dass das Verhältnis nicht 1-2-1, sondern eher 2-3-2 ist (wie in der sog. deutschen Normalschrift: https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCtt ... Geschichte): die mittlere Zone ist nicht zweimal so gross wie Ober- oder Unterzone (was auch verständlich ist, denn für eine leserliche Schrift brauchen wir halt drei klare Zonen. Oben und unten darf es nicht allzu klein und unklar werden).

Durch die zwei Schriftbeispiele (von Else Marie und von Dir) scheint mir übrigens bewiesen, dass das exakte Verhältnis zwischen den drei Zonen nicht essentiell ist, wenn es darum geht, die sog. Offenbacher Schrift von der sog. Kurrentschrift oder der sog. Sütterlinschrift zu unterscheiden.

(für alle:)

Dann noch eine Bemerkung an alle Leser:

Wenn es also keine Frage der Lineatur ist (s. auch die letzte Mitteilung von Else Marie), und auch keine Frage der Schrägheit, und auch keine des Schreibgerätes (sonst würde es bedeuten, dass man mit einer 'nagelharten' Feder oder mit einem Kuli unmöglich Kurrentschrift schreiben kann), dann kann ich nur schlussfolgern, dass diese drei Schrifttypen in Wesen gar nicht unterschiedlich sind, sondern bloss Varianten desselben. Also wie auch die Wikipedia sagt: «Die deutsche Sütterlinschrift ist eine spezielle Form der deutschen Kurrentschrift für Schreibanfänger» (https://de.wikipedia.org/wiki/Sütterlinschrift).

Gruss,
Robert
Danke, ich bin schon bekehrt – das Schreiben mit Füller ist der Weg ins irdische Paradies.
meinauda
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von meinauda »

Der Hauptgrund des Auftrages, den die Reformer Sütterlin und Koch angenommen hatten, war nicht die Unleserlichkeit der Kurrent, sondern das Unvermögen kleiner Kinderhände mit einer Spitzfeder klarzukommen.
Sütterlin hat es sehr vereinfacht,
Koch liebte die Schräge der Kurrent und den Schwellzug,
denen er mit der Bandzugfeder und der Schrägstellung näher kommen wollte.

Kurrent ist „die“ deutsche Schrift seit der Neuzeit,
die Sütterlin und Offenbacher die vereinfachte Form für die Schulanfänger gerade mal für 30 Jahre.

Die Alten haben ja alle weiter Kurrent geschrieben und erst nach 1941 umgesattelt. Die lateinische Schreibschrift wurde vor den Nationalsozialisten ja auch schon als Zweitschrift gelehrt. Auch Goethe schrieb beide Schriften.

Also wer es ganz einfach mag und braucht, ran an das Sütterlinalphabet mit Bleistift, Kuli oder modernen Füllfedern
wer Füller mit Italicfedern hat, ran an die Offenbacher.
Aber wer es wie ganz früher mag, muss sich mit der Spitzfeder oder flexiblen feinen Füllhalterfedern auseinandersetzen.

Oder einfach die Buchstaben in der Grundform lernen und individuell schreiben: alte deutsche Schrift nach mir 2024!!
moniaqua

Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von moniaqua »

meinauda hat geschrieben:
28.09.2024 16:23
Oder einfach die Buchstaben in der Grundform lernen und individuell schreiben: alte deutsche Schrift nach mir 2024!!
Das ist die mir sympathischste Variante ;)

Wie lange gibt es eigentlich schon die lateinische Ausgangsschrift, bzw. die lateinische Schrift? Das fällt irgendwie immer so ein bisschen unter den Tisch.
Gast1
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Re: Eine kleine Umfrage zur Schreibschrift.

Beitrag von Gast1 »

"Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde ..."
moniaqua hat geschrieben:
28.09.2024 19:20
Wie lange gibt es eigentlich schon die lateinische Ausgangsschrift, bzw. die lateinische Schrift? ...
So lange wie es die alten Römer gibt, also seit ca. 2,5 Jahrtausenden. Aber der Goethe war ja in Sachen Kurrent auch Großmutter, der hatte eine Entwurfsklaue, da würden die heute noch am "Faust" rätseln.

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Aber der Mann konnte auch anders.

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Quelle ist selbstverständlich wieder das sensationelle Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar. https://ores.klassik-stiftung.de/ords/f ... 67442:::::
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