Ich wünsche allen Forenteilnehmern einen zufriedenen Jahreswechsel.
Dieses alte Ehepaar. Gebückt, in die Mäntel vergraben, mit dem kleinen Rollwägelchen, das die Einkäufe transportierte. Die Einkäufe für ein kleines Mahl zum Jahreswechsel, nicht viel wird auf den Tisch kommen, aber es wird reichen. Und es wird mehr sein als an so manchem Tage im vergangenen Jahr. Hand in Hand kamen sie auf den Zebrastreifen zu. Um sie herum der Wind, der kräftig durch die Straßen wehte. Sie blinzelte in die schwache Abendsonne, schaute, ob ein Auto auf den Zebrastreifen zukam. Er dachte in diesem Moment vielleicht an das karge Abendmahl, dessen Zutaten sie in der abgewetzten Ledertasche hatten. Oder er machte sich Gedanken, wie sie das nächste Jahr mit seiner kleinen Rente bestreiten sollten.
Vielleicht waren sie aber auch beide glücklich, da er endlich das Ergebnis der Untersuchung bekommen hatte und die Operation noch einmal knapp vermieden werden kann. In der Tasche war der billige Rotwein, der für beide aber ein Festschmaus werden würde, heute Abend, wenn sie wieder zu Hause saßen und beide in ihren dicken Büchern lasen. Denn den Jahreswechsel ausgelassen feiern, das überließen sie den Jungen.
Oder es war wie jeden Abend, so auch heute, er bereitete das Essen zu und dann erzählte er ihr bei Tisch von früher. Von den gemeinsamen Erlebnissen, die sich über die Jahre ergeben hatten. Er erzählte ihr jeden Abend davon, doch er wusste auch, kurz danach würde sie diese Erzählungen schon wieder vergessen haben.
Ich war noch zu weit weg vom Zebrastreifen, um anzuhalten. Die Autos hinter mir hätten das auch nicht verstanden, wenn ich jetzt schon abgebremst hätte. Doch ich wäre gerne angehalten, hätte sie gerne die Straße überqueren lassen. Ich war wie gebannt von diesem Anblick.
Es war ein Bild der Zufriedenheit, das sie ausstrahlten. Eine alte Ruhe, die in ihnen zu wohnen schien, meine ich erkannt zu haben.
Ich selbst fuhr meinen Weg nach Hause, Freunde würden kommen, wir würden ein gutes Abendessen zubereiten, ausgelassen den Jahreswechsel begehen. Ruhiger zwar als in den früheren Jahren, aber dennoch voller Zuversicht und Freude.
Mein Weg führte gerade an ihnen vorbei, als ich in ihren Augen ebenfalls Freude entdeckte. Für nur einen Augenblick trafen sich unsere Blicke. Für nur einen Augenblick blieb wohl die Zeit gerade stehen.