Ich stolperte jüngst über einen, tja: Taschenfüller? Abgesandten der sog.
Schlechten Zeit? Kretin? Auf alle Fälle war er völlig verdreckt und es dauerte eine Woche verschäfter Balneationstherapie, um ihm auf den Grund zu gehen und seine Identität zumindest ein wenig zu lüften. Da dieses der einzige Faden im ganzen Forum ist, in dem sein Name fällt, gleise ich ihn hier ein:
Der Schaft ist aus Zelluloid, offensichtlich gefügt aus schwarzen und grün-transparenten Abschnitten. Griffstück und Korpus in schwarz fassen das tiefgrüne Sichtfenster ein. Das ist allerdings derart tiefgrün, dass man es gegen das Licht halten muss, um überhaupt zu bemerken, dass es ein Sichtfenster ist.
Statt einer Feder mit Tintenleiter gibt es eine Glasfeder, die beide Aufgaben vereint, fein gerillt und tordiert. SIe ist eigentlich monochrom weiß, aber die dekadenalten Tintenkrusten ließen sich weder mit Essig noch mit Kukident gänzlich beseitigen.
Der Füllmechanismus ist als armselig zu bezeichnen und besteht aus rund 4 Teilen: Der Rändelschraube nebst stark steigendem Innengewindeteil zur Bedienung, der Überwurfmutter, dem Gegenstück zum Innengewindeteil (sozusagen dem Kolben) und der Kolbendichtung, die aber sowohl geometrisch als auch stofflich derart amorph ist, dass ich sie nur als klumpenförmig und aus unbestimmtem Werkstoff ansprechen kann. Fester und dichter als Kork; vielleicht Ebonit, irgendwie steifplastisch.
Die Glasfeder in Verbindung mit dem aufs Minimum reduzierten Füllmechanismus (so weit reduziert, dass man gerade noch von Füllfederhalter sprechen kann) legen die Vermutung nah, dass der Schreiber kurz nach dem ersten Weltkrieg produziert wurde. "
Wir hatten nichts, es gab ja nichts, wir haben sogar die Füllfedern aus Glas hergestellt." Deshalb auch: Abgesandter der sog. Schlechten Zeit.
Die Schraubkappe ist aus Ebonit, hat einen in seiner Klassizität nicht ganz zum ärmlichen Rest passenden Mäander auf dem Kappenband und trägt die Prägung "GREICO SPEZIAL / D.R.G.M.", was bei der Datierung nur eingeschränkt hilft. GREICO stammt den dürftigen auffindbaren Informationen zufolge aus Leipzig, war die Hausmarke des dort ansässigen Bürobedarfsgroßhandels Otto Greiner und Co. und im Adressbuch der Stadt Leipzig noch 1949 auffindbar (Gottschedstraße 35).
Geschlossen misst der GREICO (wir nennen ihn der Einfachheit halber so, auch wenn wir um die Ungewissheit seines Namens und seiner Herkunft wissen) 10,4 cm. Steckt man die Kappe hinten auf, werden daraus 14,5 cm, und man hat einen ordentlich zu führenden Schreiber in der Hand. Die Glas"feder" ist natürlich steif, der Tintenfluss ordentlich, soweit mit dem undichten Kolbenmechanismus darstellbar, das Schreibgefühl ähnlich dem eines Kugelschreibers mittlerer Qualität.
Nun stelt sich natürlich die Frage: Gehören Kappe und Füller überhaupt zusammen? Ich kann dazu nur berichten, dass ich den Füller mit dieser Kappe zusammen gefunden habe, dass das Gewinde von Korpus und Kappe sauber ineinander läuft und dass der Korpus an der Stelle, an dem die Kappe im Betrieb aufgesteckt ist, dieses Aufstecken durch wahrnehmbar konisches Zulaufen zum Ende hin sehr definiert zulässt.
Weitere Hinweise wären sehr willkommen. Im Netz findet sich nur ein Angebot der gleichen Kappe, wenn auch ohne Clip, aus Tschechien.

- Backbord
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- Schreibbereit
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- Softeis Vanille - Blaubeere
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- Der verführerische Schmelz polierten Ebonits
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- GREICO SPEZIAL / D.R.G.M.
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