
Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
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Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Wenn ich wieder zur preußischen Norm gehe und die Verhältnisse dort anpasse weil zu eisenlastig, wo lande ich denn idealerweise? Meine Milchmädchenrechnung basierend auf dem reinen Verhältnis von 3:1 Tannin zu Eisen-II-Sulfat würde ergeben, dass ich die Menge an Eisen-II-Sulfat in der Norm halbieren müsste (und dann mit dem Wassergehalt runter, damit man mehr als 3g Eisen pro Liter hat). Ob das so funktioniert werde ich mal ausprobieren, aber vielleicht gibts ja schon im Voraus Einwände 

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Ja, so eine Tinte für den Eigenbedarf zu machen (durchaus auch für die Spitzfeder) unterliegt dem Ehrencodex, aber wer denkt, davon wird man versehentlich Millionär, dem muss man sagen, ich bin auch nur nicht auf den Bahamas, weil unterwegs meine Segelyacht kenterte. Was macht eigentlich Erwin und die Glitzertinten? Ohne ihn gäbe es jedenfalls die Rotfließende nicht, denn ich wollte die ja nicht machen, aber da war er sozusagen "eisern".

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Hier meldet sich das Ammoniumsalz zurück
Bei tiefem pH lösen sich Eisensalze ohne auszufallen, bei der Gallussäure ist ein hoher pH von Vorteil. Ob man da einen gescheiten Mittelweg findet? Mist, jetzt habe ich plötzlich auch Lust auf Experimente

Bei tiefem pH lösen sich Eisensalze ohne auszufallen, bei der Gallussäure ist ein hoher pH von Vorteil. Ob man da einen gescheiten Mittelweg findet? Mist, jetzt habe ich plötzlich auch Lust auf Experimente

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Du musst halt sehen, dass die Eisenionen zweiwertig bleiben. Ob die Protonierung der funktionellen Gruppen der Gallussäure die Lösung zusätzlich stabilisiert, da war ich immer am rätseln. Aber nur zu, Ideen brennen nicht.
Und die echten Hexen sind sowieso schneller.

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Die Schriftzüge meiner Tinte werden nach einiger Zeit etwas heller, das Dunkelgrau geht dann ins Braun über. Zu eisenhaltig? Dann scheint das Tannin ja nicht auszureichen, eventuell versuche ich es dann noch zusätzlich mit etwas Gallussäure und etwas weniger Tannin.
Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Downfall, wie dosierst du denn das Tannin? Das hat ja die zehnfache Molmasse gegenüber der Gallussäure…?
Ich habe etwas Laborarbeit gemacht, da ich durch eure Diskussion und Umsetzung angeregt wurde. Danke euch
Die Idee mit dem Ammoniumsalz verwerfe ich mal wieder, weil Ammoniak schwierig zu dosieren ist. Ich habe nun aber eine ausreichend konzentrierte Gallussäurelösung unter Zugabe der gleichen Stoffmenge Natriumbicarbonat gemacht, um eine Natriumgallat-Lösung zu erhalten. Diese habe ich mit einer Eisen(II)-Lösung (aus Mohrschem Salz) gemischt. Alles im korrekten Mischungsverhältnis und einer annehmbaren Eisen(II)-Konzentration in der Endmischung.
Da die Na-Gallat-Lösung nicht sauer ist, wird wohl etwas Eisenhydroxid ausfallen, schätze ich. Dadurch ist das Eisen in der Versuchstinte leicht unterdosiert, was vermutlich von Vorteil ist.
Morgen unterziehe ich die (gekühlte) Lösung einer Tiefenfiltration und schaue mir über die nächsten Wochen die Stabilität der Tinte bezüglich Ausfällungen in Reagenzgläsern mit wenig und viel Luft über der Lösung an.
Mal sehen…
Ich habe etwas Laborarbeit gemacht, da ich durch eure Diskussion und Umsetzung angeregt wurde. Danke euch

Die Idee mit dem Ammoniumsalz verwerfe ich mal wieder, weil Ammoniak schwierig zu dosieren ist. Ich habe nun aber eine ausreichend konzentrierte Gallussäurelösung unter Zugabe der gleichen Stoffmenge Natriumbicarbonat gemacht, um eine Natriumgallat-Lösung zu erhalten. Diese habe ich mit einer Eisen(II)-Lösung (aus Mohrschem Salz) gemischt. Alles im korrekten Mischungsverhältnis und einer annehmbaren Eisen(II)-Konzentration in der Endmischung.
Da die Na-Gallat-Lösung nicht sauer ist, wird wohl etwas Eisenhydroxid ausfallen, schätze ich. Dadurch ist das Eisen in der Versuchstinte leicht unterdosiert, was vermutlich von Vorteil ist.
Morgen unterziehe ich die (gekühlte) Lösung einer Tiefenfiltration und schaue mir über die nächsten Wochen die Stabilität der Tinte bezüglich Ausfällungen in Reagenzgläsern mit wenig und viel Luft über der Lösung an.
Mal sehen…
Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Ich muss trotzdem nochmal kurz auf die Frage zurück kommen.
Das mit den funktionellen Gruppen da oben fällt mir gerade auf. Wenn die Gallussäure oder das Tannin deprotonieren müssen, um überhaupt eine Eisenkomplex zu bilden, wäre das zumindestens mal eine Hypothese, warum die sauren EG-Tinten ab dem 19.Jh. die Komponenten vielleicht doch getrennter vorliegen haben, als die alten Tinten, die nicht so sauer waren. Denn wenn die Gerbsäuren in protonierter Form keinen Eisenkomplex bilden, dann bilden sie auch keinen Eisen-II-Komplex.
Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Ich bin mir nicht sicher, ob die Gallussäure für die Komplexbildung deprotoniert sein muss, sonst würden die Tannine auch keine Komplexe bilden, da die Säuregruppe hier ja als Zuckerester vorliegt. Aber einen Komplex und zugleich das Eisensalz kann es nur in der deprotonierten Form bilden.
Ich habe jetzt gerade den pH-Wert der Versuchstinte gemessen, er beträgt 5.0. Wenn ich den pH-Wert anhebe, fällt wohl mehr Eisenhydroxid aus, das versuche ich zu vermeiden.
Auf den ersten Blick hat die Versuchstinte eine ausreichende Eigenfarbe. Hinsichtlich der Optimierung des Tintenflusses habe ich noch gar nichts gemacht, auch keinen Hilfsfarbstoff hinzugefügt. Hier fehlt mir die Erfahrung.
Im Füller teste ich die Tinte aber erst, wenn nichts mehr ausflockt
Ich habe jetzt gerade den pH-Wert der Versuchstinte gemessen, er beträgt 5.0. Wenn ich den pH-Wert anhebe, fällt wohl mehr Eisenhydroxid aus, das versuche ich zu vermeiden.
Auf den ersten Blick hat die Versuchstinte eine ausreichende Eigenfarbe. Hinsichtlich der Optimierung des Tintenflusses habe ich noch gar nichts gemacht, auch keinen Hilfsfarbstoff hinzugefügt. Hier fehlt mir die Erfahrung.
Im Füller teste ich die Tinte aber erst, wenn nichts mehr ausflockt

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Zuerst dachte ich an Hydroxylamin Hydrochlorid, wird für Eisen(II)-Komplexlösungen in einer vorliegenden Vorschrift für die Eisenbestimmung vorgegeben. Nun habe ich aber gelesen, dass Hydroxylaminlösungen sehr schnell von Luftsauerstoff oxidiert werden. Ausserdem ist es ziemlich ungesund, deshalb bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob ich das in der Tinte haben will.
Zudem gehören auch Gallate (Ester) den Antioxidantien, damit scheint es aber auch nicht zu klappen. Ich bin auf Ideensuche
Zudem gehören auch Gallate (Ester) den Antioxidantien, damit scheint es aber auch nicht zu klappen. Ich bin auf Ideensuche

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Ich habe nachgedacht, mein bisheriges Rezept leicht verändert und ein vielversprechendes Reagenz gefunden, welches ich gerade teste. Hat aber nichts mit Musik zu tun
Statt die ganze Gallussäure zu deprotonieren, habe ich im neuen Ansatz nur zwei Drittel der Säureprotonen mit NaOH entfernt mit dem Hintergedanken, dass das deprotonierte Gallat mit dem vorliegenden Eisen ein komplexes Salz bilden kann. Die übrige Gallussäure bleibt protoniert in Lösung. Das geht von der Löslichkeit her gerade auf.
Als Oxidationsschutz habe ich zur Eisen(II)-Lösung eine geringe Menge Kaliumiodid hinzugefügt, da Iodid-Ionen von Eisen(III)-ionen zu Iod oxidiert werden. Ich bin gespannt, ob das reicht.
Die Lösungen habe ich warm gemischt und lasse sie jetzt mindestens einen Tag stehen, um sie danach zu filtrieren. Ein schneller Test durch Eintauchen einer Füllerfeder hat ohne Hilfsfarbstoff eine leicht violettfarbene Tinte hervorgebracht, die auf dem Papier innert Sekunden bis max. einer halben Minute in eine tiefschwarze Farbe wechselt. Hoffentlich bleibt das auch nach dem Filtrieren!
Ich wusste gar nicht, dass Eisengallus solchen Spass macht.

Statt die ganze Gallussäure zu deprotonieren, habe ich im neuen Ansatz nur zwei Drittel der Säureprotonen mit NaOH entfernt mit dem Hintergedanken, dass das deprotonierte Gallat mit dem vorliegenden Eisen ein komplexes Salz bilden kann. Die übrige Gallussäure bleibt protoniert in Lösung. Das geht von der Löslichkeit her gerade auf.
Als Oxidationsschutz habe ich zur Eisen(II)-Lösung eine geringe Menge Kaliumiodid hinzugefügt, da Iodid-Ionen von Eisen(III)-ionen zu Iod oxidiert werden. Ich bin gespannt, ob das reicht.
Die Lösungen habe ich warm gemischt und lasse sie jetzt mindestens einen Tag stehen, um sie danach zu filtrieren. Ein schneller Test durch Eintauchen einer Füllerfeder hat ohne Hilfsfarbstoff eine leicht violettfarbene Tinte hervorgebracht, die auf dem Papier innert Sekunden bis max. einer halben Minute in eine tiefschwarze Farbe wechselt. Hoffentlich bleibt das auch nach dem Filtrieren!
Ich wusste gar nicht, dass Eisengallus solchen Spass macht.
Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Es ist sehr interessant, diesen chemischen Ideen zu folgen, vielleicht wäre dazu auch das eine oder andere Foto möglich?
LG
Heinrich
Heinrich
Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Ich weiß nicht, bei dem pH-Wert wird die womöglich trotzdem deprotonieren. Aber wer möchte, dem kann ich den Eisengallus-Song nichtmonetär zuschicken, dann klappt das schon.

Re: Erbitte Erleuchtung: Eisengallus-Tinte
Gerne, Heinrich. Ungeduldig habe ich heute schon abfiltriert, aber ich muss nach einigen Tagen erneut filtrieren (unter Kühlung). Die Tinte zeigt bereits schon etwas Wandbeschlag. Der pH-Wert der neuen Versuchstinte beträgt 4,4.
Ich habe übrigens im Buch Massanalyse von Jander und Jahr gelesen, dass Ammoniumeisen(II)-sulfatlösungen zur Stabilisierung mit metallischem Silber in Kontakt gehalten werden sollen (hier wird das Silber "Reduktorsilber" genannt). Da kommt mir die verrückte Idee, die leicht iodidhaltige EG-Tinte in einem Glas mit Silberspiegel aufzubewahren (Tollensprobe)...

Wandeschlag: Schrift nach ca. 20 Sekunden: Schrift kurz nach Auftrag (Zickzack-Linie rechts):