Erster Teil: Geschichtlicher Hintergund
Kugelschreiber – das ist für viele in diesem Forum das Gegenteil dessen, was sie begehren und benutzen. Zudem wird dieses Schreibgerät nicht ganz zu Unrecht verantwortlich gemacht für den weltweiten Niedergang von sehr vielen Füllhalterherstellern in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Es gab aber für eine kurze Zeit einen Typ Füller, der das Beste aus beiden Welten vereinen wollte – den Tintenkugelschreiber.
Die fast gleichzeitige Einführung eines Tintenkugelschreibers in den späten 40ern und frühen 50ern durch mehrere Firmen lag in dem schlechten Ruf der meisten damals erhältlichen Kugelschreiber begründet. Um das zu verstehen, ist ein kurzer Exkurs in die Entwicklung dieses neuen Schreibgeräts hilfreich. Wen das nicht interessiert, der kann auch sofort zum Teil 2 springen.
Milton Reynolds (USA) gilt als der erste, der einen marktgängigen Kugelschreiber entwickelt hat. Drei Jahre nach den anfänglichen Verkaufserfolgen seines Überraschungs-Coups stellt er 1948 die Produktion ein. 1946 bringt Wahl-Eversharp ein ‚Capillary Action‘ genanntes Modell heraus, geht damit aber 1947 beinahe bankrott. Der Erfinder der Kugelschreiber-Idee, Laszlo Biró, zieht sich 1947 frustriert aus dem Geschäft zurück, lässt sich nach 27 Jahren nicht zielführender Entwicklungsarbeit auszahlen und wird Maler. Zum Verhängnis wurde allen diesen Anbietern nicht einzuhaltende Garantieversprechen, daraus resultierende mangelnde Umsätze und zu niedrige Erlöse – dies alles wegen der geringen Qualität ihrer Schreiber.
Zwei Schwachstellen verhinderten den Erfolg des neuen Produkts. Die dauerhaft stabile Lagerung der winzigen Schreibkugel in einem dünnen Röhrchen aus einer korrosionsfesten, aber dafür weichen Metalllegierung gelang nicht. Das Hauptproblem war aber die Schreibflüssigkeit. Was für Füllhaltertinte längst Standard war – trocknet auf dem Papier und nicht im Füller; verschmiert nicht; ist lichtecht, wenn nicht dokumentecht; läuft nicht unkontrolliert aus der Feder – wurde erst 1949 erstmals in eine Kugelschreiber-„Patrone“ eingefüllt – fast 30 Jahre nach der ursprünglichen Erfindung von Biró. Damit wurde Paper-Mate erst ab 1954 Marktführer in Nordamerika. Als schließlich der ‚Jotter‘ von Parker 1954 erscheint wird der Kugelschreiber zu einem ausgereiften Schreibgerät. Parker hatte volle 9 Jahre Entwicklung in den Jotter gesteckt, um nicht dasselbe Schicksal wie die Vorgänger zu erleiden. Der neue Kugelschreiber verkauft sich in 9 Monaten 3,5 Millionen Mal, und ab jetzt wird er langsam konkurrenzfähig.
Allerdings nicht für alle Schreibgerätehersteller in Westdeutschland. Pelikan beginnt 1955, die ersten beiden Modelle zu etablieren -sie werden als „Roller“ bezeichnet. Montblanc versucht 1952 und noch einmal 1955 einen Kugelschreiber ins Programm zu nehmen. Lamy folgt Ende der 50er Jahre, Schwan-Stabilo kommt erst 1967 mit dem „Othello Kugler 5km“ dazu.
Fortsetzung folgt!