Altes Briefformat

Technikfragen zum Forum, Fotothemen, Kaufberatung, Brieffreude, etc.

Moderatoren: Sabine, MarkIV, Zollinger, desas, Linceo, Lamynator, JulieParadise, HeKe2

Antworten
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Altes Briefformat

Beitrag von Cepasaccus »

Ich hab jetzt ein paar Buecher gelesen, wie z.B. "Katechismus des guten Tones und der feinen Sitte" (1895) und auch eines von ca. 1907. Und ich hab mich mal so durch meine alten Katalogreprints gewuehlt (1897-1927).

In den Katalogen sind Briefpapierformate von ca. A4 (Quart), ca. A5 (Oktav) und meist auch noch etwas kleiner, z.B. 11x17cm. In einem einzigen Fall stand beim Papier "Ruled and folded", also liniert und gefaltet.

Aus dem Katechismus und anderen Buechern geht klar hervor, dass Briefpapier einmal gefaltet ist, so dass der Brief nicht zwei sondern vier Seiten hat, so wie der Brief unten (im Oktav-Format (22x18cm), wenn aufgefaltet). Der ist schon fuer die Faltung mit Trauerrand versehen. Er wurde einmal gefaltet zum Schreiben und ein zweites mal fuer den Umschlag.

In den Buechern wird auch der Randabstand beschreiben. 1-2 Finger links und rechts, 2-3 Finger oben und unten, 3 Finger Abstand nach Datum. Wenn man das auf A5/Oktav anwendet bleibt nicht mehr viel Platz zum Schreiben. Da landet die Anrede mittig auf der ersten Seite und den ersten Satz bekommt man auf dieser nicht mehr fertig, dabei ist noch nichts gefaltet.

Katalog und Ratgeber passen also nicht zusammen. Sind die Abmassungen in den Katalogen schon fuer das gefaltete Papier, obwohl nur in einem Fall dabei steht, dass es gefaltet ist? Ist ein A4/Oktav-Briefpapier eigentlich ein A3-Bogen? Und wenn man "normales" Briefpapier nimmt (das im Anhang ist nach der Faltung 11x18cm, also etwa wie meistangegebene Briefpapiergroesse im Katalog), dann ignoriert man Randratschlaege und man quetscht es doch rein (wie im Anhang)?

Cepasaccus
Dateianhänge
cleo.jpg
cleo.jpg (93.81 KiB) 7483 mal betrachtet
Benutzeravatar
Tombstone
Beiträge: 2742
Registriert: 03.01.2012 19:02

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Tombstone »

Vielleicht hatte man früher schmalere Finger?

Wenn ich nach der Ansage arbeiten würde, müsste ich immer mindestens DIN A3+ beschreiben...

Ich denke einfach mal, dass sich - wie auch heute oft vorkommend - die Ratgeber-Wünsche zumindest geringfügig von der herrschenden Realität unterscheiden. Ich kann mich in Bezug auf alte Briege sogar mehrheitlich eher daran erinnern, dass die Teile eng bis zum Rand beschrieben waren...
Ciao - Peter

Handle stets so, dass die anderen sich wundern, warum sie Dir noch keine reingehauen haben...
pejole
Beiträge: 1777
Registriert: 12.08.2010 1:59
Wohnort: Mönchengladbach

Re: Altes Briefformat

Beitrag von pejole »

@ Cepasaccus,

das ist mir für morgens früh auf nüchternem Magen und ohne Kaffee getrunken zu haben alles noch ein wenig zu kompliziert und unverständlich,

lies dir doch mal die Beschreibungen in dem Link durch, vielleicht findest du da die Antwort au deine Anfrage, wenn ich mal so einen Brief verschicke, allerdings nur an ausgewählte Personen welche dies zu schätzen wissen, mache ich das auf meine Art und nehme einen A3 Bogen, links und rechts einklappen und dann Ober- und Unterteil überlappen, Lacksiegel drauf und fertig.

http://www.digitale-schule-bayern.de/ds ... 84/127.pdf

pejole
Benutzeravatar
Tenryu
Beiträge: 5276
Registriert: 10.06.2004 0:45
Wohnort: Basel

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Tenryu »

Ich glaube, wenn man ein A4-Blatt in der beschriebenen Weise faltet wird der Brief deutlich kleiner als C6. Ich weiß nicht, wie das in Deutschland ist, aber hierzulande verlangt die Post einen Aufpreis für nicht normgerechte Briefformate. (Vermutlich wegen der maschinellen Verarbeitung.)

Der Nachteil bei Verzicht auf einen Umschlag ist, daß der Brief außen ggf. schmutzig wird, und daß man den Inhalt u.U. lesen kann, wenn die Tinte durch scheint.
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Cepasaccus »

In der Zeit von 1890 - 1930 wurden Briefumschlaege standardmaessig genutzt. Ich glaube nicht, dass da noch irgendjemand so gefaltet hat. Die Zeit der Siegel war da auch schon eher vorbei. Das ist die Zeit der Monogram-Siegel, die wohl normalerweise nicht individuell gestaltet worden sind.

Die im PDF gezeigte Faltung ergibt etwas knapp A7 grosses. (A4 -> A5 "Booklet" -> A6 nach oben und unten reinklappen -> kleiner A7 nach links und rechts reinklappen und ineinanderstecken) Das ist etwa halb so gross wie beim Standardbrief heute erlaubt. Laesst man die erste Faltung weg, dann kommt man auf ein Standardbriefformat wie hier gezeigt: http://www.penexchange.de/forum_neu/vie ... 869#p60869 Oder man nimmt A3, aber besser duennes Papier, weil man am Schluss 8 Lagen hat.

Um auf meine urspruengliche Frage zurueckzukommen ... nein, das PDF beantwortet sie nicht.

Cepasaccus
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Cepasaccus »

Da ist ein Brief, der als Booklet gefaltet ist und dann nochmal fuer den Umschlag. Man kann dem Schreiber nicht vorwerfen, dass er sich um eine ordentliche Randgestaltung bemueht hat.

http://www.ebay.de/itm/261387445538
Benutzeravatar
Tenryu
Beiträge: 5276
Registriert: 10.06.2004 0:45
Wohnort: Basel

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Tenryu »

Wenn ich mich recht erinnere, war es so, daß man in der Anfangszeit Briefumschläge noch selber gefaltet und geklebt hatte. Nicht selten wurden dafür alte Briefe rezykliert.
Ich weiß nicht, wann die ersten maschinell gefertigten Umschläge aufkamen, aber das dürfte vermutlich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Fall gewesen sein. Wahrscheinlich gab es sie zunächst auch nur in den Großstädten zu kaufen.

Papier war damals anscheinend noch ziemlich teuer, und die Leute allgemein sehr sparsam . :)
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Cepasaccus »

Nachdem ihr mir meine Frage nicht beantwortet habt, habe ich mich nach altem Lehrmaterial in der Bucht umgesehen. Herausgekommen ist dabei ein alter Brief und zwei alte Packen Briefpapiersets.

Der Brief ist von 1897. Die zwei Bögen sind so gefaltet, dass jeweils vier Seiten entstehen. Jeder Bogen ist mit einem Aufdruck auf der ersten Seite versehen. Die Faltung war also schon beim Kauf so vorgesehen. Der ungefaltete Bogen und der Umschlag sind quadratisch. Das Papier hat ca. 140 g/qm. Constanze von Franken schreibt in einem Buch von quadratischen Umschlaegen. In meinen Katalognachdrucken gibt es aber nichts in der Richtung.

Desweiteren noch ein Papierset Flora und ein Set Leinenpost, die ich in den Folgenachrichten beschreiben werde.

Cepasaccus
Dateianhänge
Brief.JPG
Brief.JPG (86.24 KiB) 6863 mal betrachtet
Briefpapier.JPG
Briefpapier.JPG (65.62 KiB) 6857 mal betrachtet
Zuletzt geändert von Cepasaccus am 05.04.2014 21:15, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Cepasaccus »

Das Set Flora enthaelt bereits einmal gefaltets Papier, das also gleich fertig zum Beschreiben auf vier Seiten ist. Hier ist das gefaltete Format praktisch quadratisch und muss zum Eintueten noch einmal gefaltet werden. Ein solches Format gibt es in den Katalognachdrucken auch nicht, aber in den Sears & Roebuck Katalogen (USA!) gibt es wenigstens aehnlich grosse, die etwas mehr vom Quadrat abweichen. Die Box sieht "ziemlich alt" aus. Keine Ahnung wie alt. Falls jemand aufgrund des Rueckseitenaufdrucks eine Idee dazu hat, immer her.

Cepasaccus
Dateianhänge
Flora1.JPG
Flora1.JPG (54.59 KiB) 6850 mal betrachtet
Flora2.JPG
Flora2.JPG (68.49 KiB) 6847 mal betrachtet
Flora3.JPG
Flora3.JPG (46.29 KiB) 6843 mal betrachtet
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Cepasaccus »

Das Set Leinenpost - das Papier ist mit Leinenstruktur - scheint mir neuer zu sein. Der Zustand ist etwas besser als bei Flora. Das Papierformat ist ungefaltet, d. h. nur zweiseitig, und um es in den Umschlag zu bekommen muss man es in drei Teile falten, so wie es heute ueblich ist. Das ist heute ueblich, fuer vor 100 Jahren habe ich sowas noch nie gesehen. (Hab aber auch noch nicht so viele alte Briefe gesehen.) Zur Datierungshilfe noch der Rueckseitenaufdruck.

Gibt es eigentlich so schoene Sets heute noch zu erwerben?

Cepasaccus
Dateianhänge
Leinenpost1.JPG
Leinenpost1.JPG (46.49 KiB) 6833 mal betrachtet
Leinenpost2.JPG
Leinenpost2.JPG (53.56 KiB) 6831 mal betrachtet
Leinenpost3.JPG
Leinenpost3.JPG (42.8 KiB) 6831 mal betrachtet
Benutzeravatar
Strombomboli
Beiträge: 2861
Registriert: 27.03.2012 15:54
Wohnort: Berlin

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Strombomboli »

Diese zwei Sets sehen wirklich schön aus. Verwendest du sie denn auch oder kommen sie in die Vitrine?
Iris

Mein Avatar ist ein Gemälde von Ilja Maschkow (1881-1944): Selbstporträt; 1911, das in der neuen Tretjakow-Galerie (am Krimskij Wal) in Moskau hängt, wo ich es fotografiert habe.
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Cepasaccus »

Die verwende ich auch. Einen Brief habe ich schon verschickt. Ganz aufbrauchen werde ich sie aber nicht.

Cepasaccus
meinauda
Beiträge: 4548
Registriert: 31.12.2010 3:53
Wohnort: Bielefeld

Re: Altes Briefformat

Beitrag von meinauda »

Cepasaccus hat geschrieben:Die verwende ich auch. Einen Brief habe ich schon verschickt. Ganz aufbrauchen werde ich sie aber nicht.

Cepasaccus
Werther Herr!
Sehr beglückt bin ich zu sehen, welch vortreffliches Briefpapier von angenehmer Farbe und Beschaffenheit Sie Ihr Eigen nennen dürfen und uns daran teilhaben lassen.
Mit ergebenen Grüßen
Ihre von edlen Papieren und Tinten immer sehr angetane
Else Marie
vospen
Beiträge: 373
Registriert: 10.10.2013 16:10

Re: Altes Briefformat

Beitrag von vospen »

Salü Cepasaccus
Hallo Zusammen

Ja, auch Briefpapiere sollten identifiziert werden können. Dies entpuppte sich schwieriger als erwartet. Trotz meinem eigenen Interesse darin und meiner Hartnäckigkeit (Dickschädel), gibt das Briefpapier aber seine Identität nicht so einfach her.
Ich hatte gehofft, anhand der Papiergrösse, einem Zeitraum zuordnen zu können. Weit gefehlt. Ob DIN-Norm oder historische Formate, diese Briefpapiere lassen sich nirgends einordnen. Sowohl um das 19te Jahrhundert wie auch nach 1922 (DIN-Norm), gab es immer unterschiedliche Briefformate, da sie nicht zwingend an die damaligen Normen angepasst werden mussten.

Dennoch, ein wenig Wissenswertes habe ich gefunden:

Flora: Es ist schon vor gefaltet und hat dann BxH = 17,3 x 17,9 cm, d = 90 g/qm bzw. 17,3x35,8cm

OKTAV - 1-Bruch-Parallelfalz

Rur-Papier
Gebrüder Heyder GmbH
, Dechant-Vaaßen-Straße 4, 52351 Düren

1877 Gründung durch Witwe von Hermann Rau, Übernahme von Max und Julius Heyder
03.07.1899 bis 30.09.2011

Aufgrund der eingetragenen Marken (Rur-Papier-Schlaufe mit grossem H), gehe ich von einer Produktion des Flora-Briefpapieres zwischen 1934 – 1957 aus. Irritierend dabei ist, dass 1930 die IGEPA-Group diese Wortmarke „Flora“ als Papier registrieren liess. Anhand der Rur-Papier-Marke stammt es aber klar von Gebrüder Heyder GmbH in Düren.
rur-papier 1934.jpg
images (10).jpg
und dann noch:

Leinenpost: BxH = 16.9 x 27.8 cm, d = 80 g/qm


LEPORELLO-Format (3fach zu falten)

Gebrüder Rauch GmbH, Heilbronn

1762 -1820 Tabak, Oel- und Farbholz-Mühle (Johann Benjamin Rauch mit Christian Becht)
1820 Gründung Gebrüder Rauch / Moritz und Adolf von Rauch
Nach 2. Weltkrieg GmbH
1987 Gebrüder Rauch KG
1988 Papier Union

Rauch-Warenzeichen: „Deutsches Leinen Post“ 18. Nov. 1904; zusammen mit Landsknecht als
Warenzeichen geschützt mit Nr. 5520 vom 22.4.1895

Ab 1908 erste Versuche eines Fensterkuverts, nach diesem Datum die Nutzung der 3-fach Faltung

Grundsätzlich ist die Jahreszuteilung Deines Briefpapiers äusserst schwierig. Obwohl die Eckdaten für ein früheres Datum zulassen, tippe ich auf Ende 50er, Anfangs 60er Jahre. Zu dieser Zeit war die Verwendung von Chlorbleiche wesentlich sorgloser und man experimentierte immer noch mit Holzfreiem Papier. Dass Dein Briefpapier aufgrund des Namens Leinen enthält, ist ausgeschlossen, hierbei müsste dies explizit auf der Packung stehen. Die Namensgebung verbindet wohl nur noch die Leinenstruktur Deines Papiers.
leinen-post 1895.jpg
DE663099.jpg
Noch so nebenbei; Die Trauerränder wurden früher vorwiegend von Hand bemalt und hat eine eigene Geschichte zu erzählen.

Mit einem Gemisch von Russ und Ochsengalle wurde das Schwarz auf die Ränder von Hand gepinselt. Ein Maschineneinsatz ergab keine genauen Linien und war allgemein nicht zufrieden stellend. Folgende Linien-Grössen waren erhältlich.

Bis 1. Weltkrieg : 2, 5, 7, 10 und 15mm
Export/Holland 25mm!
Nach 1. Weltkrieg : 2 bis 4mm, da der Bedarf nach Trauerbriefen enorm gestiegen war.


So, nun wünsche ich euch noch einen schönen Sonntag
Katharina
Benutzeravatar
Cepasaccus
Beiträge: 2897
Registriert: 29.08.2012 18:31
Wohnort: Nürnberg

Re: Altes Briefformat

Beitrag von Cepasaccus »

Danke, Katharina. Dass es schon 1908 Sichtfensterversuche und Dreifaltigkeit gab, wusste ich noch nicht, und dass die Papiere dann auch zeitlich so dicht beieinander liegen finde ich erstaunlich.

Das Leinenpost ist eindeutig nicht aus Hadern.

Cepasaccus
Antworten

Zurück zu „Sonstiges / Other“