Vielen Dank für das gute Zureden und die ganzen Tips.
Und natürlich werden wir uns Zeit füreinander nehmen, der 149er und ich. Aber den Start hatte ich mir irgendwie reibungsloser, eher weltbewegend vorgestellt.

Wie kann man sich doch bei einer kurzen Probe vertun und in etwas hineinsteigern. Nach dem einstigen Probeschreiben, schrieb ich noch, wie besonders gut mir der Füller in der Hand liegen würde.

Gestern tat mir nach kurzer Zeit die Hand sogar weh. Das kenn ich so nicht, aber der 149er ist auch eine Persönlichkeit, dazu noch jung, von Rang und Namen. Die meisten meiner bisherigen Füller hatten ihre besten Tage wohl schon hinter sich und bedankten sich wohl irgendwie dafür, dass man ihre ganzen Zipperlein tolerierte oder versuchte auszukurieren, wärend sich der stolze Hanseat eben hinstellt und sagt, ich bin jung, schön, leistungesfähig, einfach perfekt und vor allem teuer gewesen, nimm wie ich bin oder lass es. Na ja, wir werden sehen, ich hab in der Richtung schon die seltsamsten Erfahrungen gemacht. Wenn ich nur an meine Lamy 2000 denke, den ersten kaufte ich damals voller Euphorie und dachte, wow, endlich der muss es nun sein und war baff entsetzt, über die völlig rigide Feder, die dazu auch noch massive Aussetzer hatte. Ein hierzu befragter Mitarbeiter der Fa. Schimpf schrieb der Feder den Totenschein aus und wollte mir gleich einen neuen Füller ans Herz legen, da die Feder beim Lamy 2000 ja schon zwei Drittel des Kaufpreises ausmachte. Na ja, kaputt ist kaputt dachte ich mir hab dran rumgedoktert, auch ein wenig geschliffen und voila, inzwischen schreibt er recht zuverlässig und liegt vor allem absolut genial in der Hand. Zwei weitere Geschwister in OB und EF gesellten sich zu ihm und trotzdem brauchte es recht lange, bis wir miteinander warm wurden. Ich weiß heute noch nicht, was und wann es genau passiert ist. ich habe einfach immer mal wieder mit ihnen geschrieben, dazwischen natürlich mit allen möglichen andern Füllern und Tauchfedern und irgendwann hat es klick gemacht. Gerade der Lamy 2000 EF ist heute einer meiner Lieblingsfüller und schreibt Notizbucheinträge, Einkaufszettel, etc. ganz wunderbar und mit tollem Schriftbild. Ich hätte das Anfangs nie für möglich gehalten. Auch mit einigen andern Füllern mit rigiden Federn ging es mir so, dass es einfach gedauert hat, bis ich halbwegs damit schreiben konnte. Komischerweise gings mit alten, oft sogar billigen Füllern noch am besten, während die flexiblen Federn es mir von Anfang an angetan hatten. Bei denen brauchte es eigentlich nie Eingewöhnungszeit, mit denen schrieb ich einfach los, wenn, ja wenn sie sich denn überhaupt schreiben ließen. Die meisten dieser alten Schätzchen hatten nämlich ihre Macken, meist im Bereich von Kolbendichtung und/oder Kolbenmechanik und da bin ich einfach nicht so der Handwerker. Manche Füller habe ich einfach getaucht, weil die Federn so toll waren. Aber das ist natürlich nicht der Sinn der Sache und so war ich ewig auf der Suche und dachte, mit dem 149er wird alles anders, ich hoffte, endlich anzukommen. Aber vielleicht war es auch einfach nur der Reiz des zunächst nicht erreichbaren, der mich blendete und Reize hat er ja genügend, der Schlingel. Vielleicht ist es wie bei einer bezaubernden Frau, man ist von von dem einen oder anderen angetan und blendet zunächst einfach alles andere aus. Kann es sein, dass Füller auch dieses "Rosarotebrillehormon" zur Ausschüttung bringen können?
Na wie auch immer. Ich habe nicht den Anspruch, Copperplaid oder irgend eine andere Schriftart ganz genau nach Vorgabe, perfekt zu schreiben, so sehr mich diese Schriften auch faszinieren. Ich habe auch Probleme damit, das Schreibgerät in einem mir nicht affinen Winkel zu führen oder ständig, übermäßig groß zu schreiben. Nein, ich möchte einfach entspannt schreiben und das Ergebnis soll optisch möglichst ansprechend aussehen, ohne irgendwelche bestimmten Vorgaben erfüllen zu müssen. Auch habe ich die Erfahrung gemacht, dass meist erst mit einer gewissen Geschwindigkeit und einem gewissen Schwung, so richtig Leben in mein Schriftbild kommt, während es je langsamer geschrieben, meist um so krakeliger aussieht. Dafür muss ich manche Sachen auch erst länger über, dann gehts aber mit Schwung und gefällt mir besser, als das "Gemalte". Auch geht es mir nicht primär um unheimlich beeindruckende, große Schriften, die man maximal auf einer Grußkarte oder für einen speziellen Anlaß einsetzen kann. Ich möchte einfach auch längere Fließtexte, in normalem Zeilenabstand (Höhe der Kleeinbustaben max. 0,5 mm meist deutlich weniger) so schreiben können, dass das Ganze hinterher ansprechend aussieht. Einfach eine sehr gut lesbare, gleichmäßige Schrift, mit eindeutigem Charakter. Besondere Bögen und Schwünge sind dann nice to have und können mal hier, mal da als Sahnehäubchen oben drauf gesetzt werden, der Focus liegt aber wirklich auf möglichst entspanntem und entspannenden Schreiben, mit ansprechendem Ergebnis.
Fazit: Für große Flexereien gibt es deutlich bessere, für mich viel angenehmere Federn. Für meine kleine Alltagsschrift, schreibt die Feder viel zu dick und für entspanntes Schreiben ist mir der Füller aktuell viel zu klobig, durch das zu kurze Griffstück auch irgendwie unangenehm. Aber wir werden wie gesagt trotzdem Zeit miteinander verbringen, er wird sich in die Reihe seiner Verwandten einfügen und sich den Platz mit ihnen teilen und dann werden wir sehen, wohin die Reise geht. Nur eins werde ich bei dem besonderen Stück ganz sicher nicht tun – dran rum basteln oder gar versuchen, die Feder zu bearbeiten. In der Vergangenheit hat das bei einigen zwar erstaunlich gut geholfen, beim 149er werde ich mir das aber tunlichst verkneifen. Entweder wir gewöhnen uns aneinander oder eben nicht. Da es so aussieht, als ob MB momentan keinen Nachschub mehr liefert, der Füller aber jetzt schon eine Legende ist, kann man wohl davon ausgehen, dass bei entsprechender Pflege, eine gewisse Wertstabilität vorhanden sein dürfte. Wenn MB die Produktion womöglich ganz einstellt, ist vielleicht sogar eine Wertsteigerung drin. Von daher, schau mr einfach mal.
Trotzdem träume ich nach wie vor, von einem Füller, der sowohl alltagstauglich ist, aber auch eine Feder besitzt, die nicht zu lang ist, dabei aber spitz, eine wirkliche EF und schon bei leichtestem Druck breiter wird, dabei aber doch gutmütiger und nicht so zickig ist, wie die echten Spitzfedern, mit denen man leicht mal in Papier hängen bleibt. Eine Feder, bei der man nicht dran denken muss, extra Druck zu geben, sondern die bereits auf die ganz normalen Druckunterschiede der gewühnlichen Handschrift reagiert und sie mit einer herrlichen Linienvarianz charaktervoll und attraktiv macht. Eine Feder, wie sie mein allererster Kolbenfüller, ein ererbter Kaweco Colleg einst hatte und die eben in einem Füller den man überall mitnehmen kann, der dicht ist, sich gut befüllen und reinigen lässt und zuverlässig, mit ordentlichem Fluß schreibt. Na ja F als Start würde zur Not auch reichen.
Aber wisst ihr was das schönste an der ganzen Sache ist? Je mehr ich schreibe und je mehr unterschiedliche Füller ich abwechselnd verwende, um so mehr scheint sich meine Schrift zu entwickeln und irgendwann klappts auch mit Füllern, die Anfangs nicht gingen. So what – Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Einen schönen Tag wünscht
Ralf