Der Toledo - einige wenig bekannte Tatsachen

Umsteckhalter und Sicherheitshalter

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Betrachtet man heutzutage die ersten Füllfederhalter, so erstaunt ihre technische Einfachheit. Sie bestanden lediglich aus einem ausgebohrten Schaft, einem eingeschraubten Griffstück mit Feder und einer Aufsteckkappe.

Trotzdem waren diese Halter ein großer Fortschritt gegenüber den normalen Schreibfedern, da die Tinte nun im Halter transportiert werden konnte. Das Problem, ständig ein Tintenfaß bei sich tragen zu müssen, war damit erledigt. Die eingesetzten Federn waren von der Form her noch sehr ähnlich denen, die in Federhaltern Verwendung fanden. Nur die Tatsache, daß diese neuen Halter stets mit Goldfedern produziert wurden, zeigt, daß diese neue Technik den hochwertigen Schreibgeräten vorbehalten war.

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Die herrausragende Neuerung war aber keinesfalls das Reservoir, sondern die Tintenzuführung. Ein Grundproblem früherer Konstruktionen war der ungleichmäßige Tintenfluß. Erst mit der Einführung eines mehrfach längs geschlitzten Tintenleiters, der als Ausgleich für abfließende Tinte Luft in den Schaft läßt und so für einen Druckausgleich sorgt, konnte man einen einigermaßen gleichmäßigen Tintenfluß realisieren.

Soennecken 577 ca. 1890
Soennecken 577 ca. 1890

So erfreulich die Entwicklung des Umsteckhalters für den Anwender auch war - seine Probleme wurden bald offensichtlich:

Zum Befüllen brauchte man ein Hilfsmittel, die Pipette, mit der die Tinte in den aufgeschraubten Schaft geträufelt werden mußte. Durch das Aufschieben der Kappe wurde deren Rand stark belastet, was zu Kappenrissen führte. Ferner waren Griffstück und Feder in der Kappe nicht getrennt, so daß austretende Tinte für schmutzige Finger sorgte. Die Feder war in der Kappe nicht sicher luftdicht verschlossen, wodurch schnell die Tinte an der Feder eintrocknete - an ein schnelles Anschreiben war dann nicht zu denken.

Viele Probleme der Umsteckhalter sollten mit der nächsten Füllhalter-Generation gelöst werden: den Sicherheitshaltern. Wie der Name schon impliziert, sollte der neue Halter im Gebrauch eine wesentlich höhere Sicherheit gegen Auslaufen und Anschreibschwierigkeiten bieten.

Die Feder der Sicherheitshalter wurde auf einer Schubstange befestigt, die durch eine Wendel im Inneren des Halters ausgefahren werden konnte. Sollte der Halter transportiert werden, wurde durch Drehen des Mechanik-Knopfes die Feder vollständig in das Innere des Füllhalters versenkt. Die Kappe wurde nun aufgeschraubt. Dazu besaß der Schaft ein Gewinde am vorderen Schaftrand, noch vor dem Griffstück.

Querschnitt durch einen Sicherheitshalter
Querschnitt durch einen Sicherheitshalter

Mit dieser Konstruktion wurden tatsächlich die groben Probleme der Umsteckhalter gelöst:

Da die Feder während des Transports von Tinte umspült wurde, konnte sie nicht eintrocknen und war stets schreibbereit. Der Tintenraum wurde durch eine Dichtfläche in der Kappe abgeschlossen. Tinte konnte nicht mehr austreten. Da das Griffstück hinter dem Gewinde angeordnet war, war auch eine Verschmutzung der Finger kaum noch möglich. Ferner waren Kappenrisse seltener, da der Kappenrand durch das Schraubgewinde nicht mehr ungünstig radial beansprucht wurde.

Aber auch diese Konstruktion hatte ihre speziellen Nachteile. Zum Befüllen war weiterhin eine Pipette notwendig. Häufig versuchten die Benutzer aus Unachtsamkeit, die Kappe aufzuschrauben, ohne vorher die Feder eingedreht zu haben - was verbogene Federn zur Folge hatte.

Montblanc löste dieses Problem schon in den 20er Jahren mit einem Silberstift, der zentral in der Kappe angebracht war. Versuchte man wieder den Halter zu schließen, ohne daß die Feder eingedreht war, wurde im schlimmsten Fall der Silberstift, nicht aber die Feder, verbogen. Diese Maßnahme half aber nur beim ersten schweren Unfall dieser Art - war der Silberstift erst beschädigt, blieb die Feder gefährdet. Kaweco verwendete ab Mitte der 30er Jahre bei den hochwertigen Sicherheitshaltern (Serie "Special") ebenfalls einen Silberstift.

'Merkurit 810' - Sichheitshalter ca. 1925
"Merkurit 810" - Sichheitshalter ca. 1925

Leider war der Halter in der Regel nicht immer so dicht, wie es der Name vermuten läßt. Nach einigen Jahren des Gebrauches wurde die Korkdichtung in der Mechanik undicht und Tinte konnte am Ende des Halters austreten - ein Effekt, den wahrscheinlich jeder Sammler schon einmal nach dem Auswaschen eines Sicherheitshalters erlebt hat.

Das Dichtigkeitsproblem wurde noch längere Zeit nicht gelöst - die umständliche Befüllung des Halters mit Hilfe einer Pipette aber schon.

Der nächste Artikel beschreibt die Entwicklung der Selbst-Füller.

Martin Lehmann